Das Pflegepersonal ist durch das Coronavirus stark gefordert. Eine Pflegefachfrau spricht mit Nau.ch über ihre schlimmsten Erfahrungen im vergangenen Jahr.
Sophie Keel, Pflegefachfrau und Teamleiterin bei der Spitex, spricht über den Gesundheitszustand ihrer Kunden während der Corona-Krise. - Nau.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Menschen haben in der Coronakrise besondere Geschichten erlebt.
  • Die Berner Pflegefachfrau Sophie Keel (25) erzählt von vereinsamten Kunden.
  • In der Nau.ch-Corona-Serie teilen Menschen ihr Schicksal.

Lange Arbeitszeiten, gestrichene Ferien und viele personelle Ausfälle: Vom Pflegepersonal wird derzeit ein hohes Mass an Flexibilität erwartet.

Eine, die damit täglich konfrontiert ist, ist die Bernerin Sophie Keel. Seit 2018 arbeitet die 25-Jährige bei der Spitex als Teamleiterin im Berner Länggasse-Quartier. Auch sie war in den vergangenen Monaten in ihrem Beruf stark gefordert und musste ihr Privatleben einschränken.

«Die Bedingungen werden schlechter statt besser», sagt Keel zu Nau.ch. Trotz zusätzlicher Hürden durch das Coronavirus sei die Leitung eines Pflegeteams für sie ein Traumjob. Auch weil sie den direkten Kontakt mit den Menschen schätze, so die diplomierte Pflegefachfrau.

Vereinsamung durch Krise um das Coronavirus

Doch dieser persönliche Kontakt habe sich mit der Corona-Krise erschwert. «Zu Beginn hatten wir viele Absagen, da die Kunden die Spitex-Besuche auf ein Minimum reduzieren wollten», erinnert sich Keel.

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Pflege daheim: Eine Mitarbeiterin der Spitex misst den Blutdruck. Durch das Coronavirus haben sich die Arbeitsbedingungen stark erschwert. - Keystone

Das habe zu vielen schwierigen Situationen geführt. «Dass man die Kontakte so stark minimiert, ist nicht für alle Menschen gut», erklärt die Pflegefachfrau. Sie habe während des Lockdowns viele desolate Zustände beobachten müssen. «Es gab Kunden, die wegen der grossen Angst nicht einmal mehr die Post im Briefkasten holen wollten.»

Im Sommer habe sich die Lage schliesslich etwas entspannt. «Wir konnten den Menschen die Ängste etwas nehmen und das Vertrauen wieder aufbauen», erzählt Keel. Jetzt sei die Situation aber erneut deutlich schwieriger geworden.

«Menschen verlernten das Laufen»

Gerade für alleinstehende Personen scheint die Situation wegen des Coronavirus teilweise prekär. «Manche Leute haben sogar das Gehen verlernt, da sie in der Wohnung geblieben sind und sich kaum mehr bewegten.» Gemäss den Beobachtungen der Pflegefachfrau sei diese Erscheinung eindeutig auf Corona zurückzuführen.

Interview mit Sophie Keel, Pflegefachfrau und Teamleiterin bei der Spitex. - Nau.ch

«Normalerweise gehen unsere Kunden oft nach draussen und machen zum Beispiel Spaziergänge in den Wäldern. Weil die Angst vor einer Ansteckung aber teils so gross ist, verzichten sie darauf.»

Auch vom Kontakt mit den Pflegenden hätten vereinzelte Personen grosse Angst. «Unsere Aufgabe ist es jetzt, diese Ängste abzubauen», erklärt Keel. Viele Leute könnten derzeit nämlich nicht so gepflegt werden, wie sie das eigentlich sollten. «Wir erklären den Kunden deshalb, dass wir uns bestmöglich schützen, um die Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten.»

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