Das BAG ist konsterniert: Nicht einmal jeder zweite Coronavirus-Fall wurde von den Ärzten mithilfe des Meldeformulars gemeldet. Ist der Prozess zu kompliziert?
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Der Prozess für das Melden von neuen Coronavirus Fällen hat noch Verbesserungspotenzial. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Weniger als die Hälfte der Coronavirus-Fälle werden korrekt gemeldet.
  • Der Ärzteverband FMH kritisiert das komplizierte BAG-Meldesystem.
  • Es sei jeweils ein sehr aufwendiger Prozess mit vier Stufen.

Verwirrung um Masken, Datenpannen und dann noch ein falsch vermeldeter Todesfall – das BAG steht momentan im Kreuzfeuer der Kritik.

Doch zumindest beim falsch erklärten Todesfall eines unter 30-Jährigen schiebt das Bundesamt die Schuld auf Andere. Und zwar auf die Ärzte.

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Stefan Kuster, Leiter Abteilung übertragbare Krankheiten BAG, spricht während einer Medienkonferenz zur Situation des Coronavirus. - Keystone

Entstanden ist der Fehler nämlich durch ein falsch ausgefülltes Meldeformular. Dieses müssen Ärzte, die einen Patienten positiv getest haben, innerhalb von 24 Stunden ausfüllen und an das BAG senden. Doch genau hier sieht das BAG das grosse Problem: Die Meldeformulare werden von den Ärzten zu selten ausgefüllt.

Weniger als Hälfte der Fälle werden gemeldet

Nicht einmal jeder zweite Corona-Fall wird mit dem dafür vorgesehenen Formular erfasst. Von 4330 Corona-Fällen zwischen dem 16. Juli und dem 13. August wurden 2030 von den Ärzten gemeldet. Und das, obwohl es für die Mediziner Pflicht wäre, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet.

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Die Zahl der laborbestätigten Coronavirus-Fälle in der Schweiz ist angestiegen. (Symbolbild) - dpa

Dass die genauen Zahlen dennoch beim BAG eintreffen, ist auf die Labore zurückzuführen. Denn diese informieren das BAG über jeden einzelnen Test. Was aber fehlt, sind die Informationen zu möglichen Ansteckungsorten und Symptomen. Das sollten die Ärzte liefern.

Der Ärzteverband FMH weiss hingegen nichts davon, dass die Meldeformulare nicht ausgefüllt werden. «Dass Meldungen seitens der Ärztinnen und Ärzte ausbleiben sollen, ist uns nicht bekannt und müsste Massnahmen der Aufsichtsbehörde auslösen.» So die FMH zu Nau.ch.

Komplizierter Meldeprozess für Coronavirus

Was die FMH aber weiss: Der Meldeprozess ist aufwändig und wenig benutzerfreundlich. Das habe man dem BAG auch so mitgeteilt.

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Die Corona-Zahlen wurden per Fax dem BAG mitgeteilt. - AFP/Archiv

«Obwohl ein elektronisches Meldesystem vom BAG bereits für das Jahr 2014 angekündigt war, konnten Ärzte ihre Meldungen bis März 2020 ausschliesslich per Post oder Fax an das BAG übermitteln», kritisiert die FMH. Seit April gebe es zwar ein elektronisches Meldesystem. Doch wirklich brauchbar sei auch dieses nicht.

Coronavirus: In vier Schritten zur Meldung

Der Prozess umfasst ganze vier Stufen: Zuerst muss die entsprechende BAG-Seite aufgerufen werden. Von dieser kann ein Arzt dann ein E-Mail an eine Drittadresse senden. Erst dann bekommt der Mediziner selbst eine E-Mail mit einem Link. Von diesem Link aus kann der Arzt schliesslich auf das Meldeformular zugreifen und es ausfüllen.

Doch Besserung ist in Sicht. Der Ärzteverband hat das BAG darin unterstützt, den Meldeprozess für das Coronavirus zu verbessern. «Die FMH hofft, dass das BAG noch im Monat August den optimierten Meldeprozess umsetzen wird.» Dann wolle man die Mitglieder auch über den neuen Prozess informieren.

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