Wegen Diebstahl-Verdachts lässt Coop in einer Filiale Kassen-Angestellte per Video überwachen. Datenschutz-rechtlich eine heikle Angelegenheit ...
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Coop hat in einer Filiale bei den Kassen Kameras installieren lassen. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In einer Coop-Filiale stehen Mitarbeitende unter Diebstahl-Verdacht.
  • Deshalb hat der Detailhändler an den Kassen versteckte Kameras installieren lassen.
  • Darf man das? Ein Datenschützer klärt auf.
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Es klingt wie in einem Detektiv-Film: Ein(e) Verkäufer(in) bereichert sich aus der Kasse des Arbeitgebers. Die Chefs bemerken das, wissen aber nicht, wer geklaut hat. Als Konsequenz lässt man nun versteckte Kameras installieren. So will man den Täter überführen.

Nau.ch weiss aus internen Quellen: Dieses Vorgehen hat sich nicht etwa ein Regisseur ausgedacht. Sondern spielt sich im März in einer Filiale im Kanton Bern des Detailhändler-Riesen Coop ab!

Angeblich verschwand in der letzten Zeit Geld aus der Kasse. Nun soll der Verdacht bewiesen werden und der Mitarbeiter-Langfinger mittels Geheim-Kamera ertappt werden.

Dafür setzt Coop auf eine Top-Secret-Aktion bei Dunkelheit. Die versteckten Kameras wurden in der Nacht – bei der Kasse – installiert. Die Filiale geschlossen, die Mitarbeiter zu Hause.

Doch: Darf man das überhaupt?

Polizei muss informiert werden

Daniela Wittwer vom Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten EDÖB erklärt: «Videoüberwachungssysteme, welche die gezielte Überwachung des Verhaltens des Arbeitnehmers zum Ziel haben, sind verboten.» Sie würden nämlich «verschiedene Elemente der Persönlichkeit des Arbeitnehmers verletzen».

Aber: «Erlaubt ist eine Überwachung des Arbeitnehmers im Falle einer Straftat oder eines Straftatverdachts.» Allerdings müsse die Massnahme nach Einreichung einer Anzeige gegen unbekannt richterlich oder gerichtspolizeilich angeordnet werden.

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Coop hat in einer Filiale bei den Kassen versteckte Kameras installiert. (Archiv)
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Zuvor war es zu wohl internen Diebstählen gekommen. (Archiv)
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Mit der Massnahme wird allerdings die Persönlichkeit der Angestellten verletzt. (Archiv)
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Auch die Gewerkschaft Unia äusserte sich schon zur konstanten Überwachung von Arbeitnehmenden kritisch (Archiv)
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Aus Sicht des Datenschutzes ist die gezielte Überwachung nur in bestimmten Fällen zulässig – ansonsten ist diese verboten. (Archiv)

Zentral seien dabei die Grundsätze der Verhältnismässigkeit, der Transparenz sowie von Treu und Glauben. Grundsätzlich sei ein Eingriff in die Persönlichkeit widerrechtlich und könne nur folgendermassen gerechtfertigt werden: durch die Einwilligung des Verletzten, überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch das Gesetz.

Allerdings: Auch wenn ein Straftatverdacht den Einsatz einer Video-Kamera erlauben sollte. Ob die Videoaufnahmen letztendlich als Beweismittel verwendet werden können, ist vom zuständigen Gericht zu beurteilen, so Wittwer.

Kameras bei Coop – konstante Überwachung «nicht verhältnismässig»

Auch die Gewerkschaft Unia sagt: Grundsätzlich sei für sie klar, dass «der Persönlichkeits- und Datenschutz von Coop eingehalten werden muss». Es gebe nur wenige Rechtfertigungsgründe für die Bearbeitung von Personendaten.

Wichtig sei: «Die Kameras dürfen in keinem Fall Mitarbeiter konstant überwachen, ihre Arbeit darf nicht überwacht werden. Das wäre nicht verhältnismässig.»

Und: «Die Mitarbeiter müssen die Gelegenheit haben, zu den gesammelten Daten Stellung nehmen zu können.»

Coop lässt in einer Filiale wegen Klau-Verdachts eine versteckte Kamera an der Kasse installieren: Was halten Sie davon?

Und was sagt Coop dazu?

Der Detailhandels-Riese verweist auf Anfrage auf die Bestimmungen des EDÖB, an welche man sich halte. Und stellt klar: «Die grosse Mehrheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist ehrlich.»

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