Die Behörden sollen künftig mit einem Mausklick alle Schengen- und Dublin-Informationssysteme abfragen können - auch in der Schweiz. Nachdem das Parlament in der Herbstsession die Vorlage zur Interoperabilität verabschiedet hat, hat der Bundesrat nun verschiedene Aspekte zu Abfragerechten und zum Datenmanagement konkretisiert.
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Die Website des Bundesfinanzhofs wurde von Hackern im Zusammenhang mit der «Log4Shell»-Lücke angegriffen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Illustration - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mit der sogenannten Interoperabilität werden die Datensysteme des Schengen-Raums so vernetzt, dass die Behörden mit einer einzigen Abfrage umfassende Informationen zur überprüften Person erhalten.

Die Daten aus den unterschiedlichen Systemen werden dann miteinander verknüpft.

Der Bundesrat regelt nun in der Verordnung die Abfragerechte im Europäischen Suchportal (ESP) und im Detektor für Mehrfachidentitäten (MID). Zudem regelt die Verordnung die Aktualisierung vom gemeinsamen Dienst für den Abgleich biometrischer Daten (sBMS) und das Recht der Behörden, den gemeinsamen Speicher für Identitätsdaten (CIR) abfragen zu können.

Auch der Datenschutz und die Rechte der betroffenen Personen, über die eine Suche getätigt wurde, sollen darin geregelt werden. Der Bundesrat hat am Freitag die Vernehmlassung eröffnet, die bis zum 30. März 2022 läuft.

Verantwortlich für die Daten sind demnach das Staatssekretariat für Migration (SEM) und das Bundesamt für Polizei (Fedpol).

Zugang zum gemeinsamen Speicher für Identitätsdaten (CIR) sollen demnach Mitarbeitende der Bundeskriminalpolizei, des Bundessicherheitsdienstes, der Einsatz- und Alarmzentrale und der für die Bearbeitung von biometrischen erkennungsdienstlichen Daten zuständigen Stellen haben.

Auch Mitarbeitende jener Stelle, die für den internationalen polizeilichen Informationsaustausch bei Sportveranstaltungen zuständig ist, sollen im CIR Abfragen tätigen, wenn sie Informationen gewinnen und austauschen wollen, um Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren oder die innere oder äussere Sicherheit wahren müssen.

Zudem sollen die Polizeibehörden der Kantone und Gemeinden sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die beim Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) in der Personenkontrolle eingesetzt werden, auf die CIR-Daten zugreifen.

Eine Recherche im CIR soll zulässig sein, wenn eine Person identifiziert oder eine Mehrfachidentität aufgedeckt werden soll. Zudem kann darauf zurückgegriffen werden, wenn terroristische oder andere schwere Straftaten verhütet oder aufgedeckt werden sollen oder wenn wegen solchen ermittelt wird.

Dabei sollen die Systeme nicht nur zur Identifikation einer Person abgefragt werden können, sondern auch zur Aufdeckung von Mehrfach- und Falschidentitäten sowie zur Verhütung, Aufdeckung oder Untersuchung terroristischer oder anderer schwerer Straftaten, wie der Bundesrat in seiner Mitteilung schreibt.

Jede Behörde, welche eine Suche tätigt, muss die Abfrage protokollieren mit Angaben über die abfragende Behörde, die benutzten Systeme, Datum und Uhrzeit der Abfrage, die dafür verwendeten Daten sowie mit den Abfrageergebnissen.

Für die Anwendung der Systeme gelten die bestehenden Datenschutzverordnungen über die digitale Transformation und über den Schutz vor Cyberrisiken in der Bundesverwaltung. Die Behörden, welche Zugang zu den Daten haben, müssen sicherstellen, dass unbefugte keinen Zugriff darauf bekommen.

Jene Personen, die in den Systemen erfasst sind und eine Auskunft, Berichtigung oder Löschung von Verknüpfungen und Daten wollen, müssen sich schriftlich an das SEM wenden.

Für Polizei, Grenzkontroll- und Migrationsbehörden wird es damit leichter, Personen zu identifizieren, die eine Bedrohung darstellten oder falsche Angaben zu ihrer Identität machten. Schon heute können die Schweizer Behörden auf Informationssysteme der EU zugreifen. Diese sind aber untereinander nicht verbunden. Daher muss jedes System separat abgefragt werden.

Heute werden zum Beispiel die im Schengener Informationssystem (SIS) zu Fahndungszwecken gespeicherten Fingerabdrücke nicht mit jenen abgeglichen, die im Visa-Informationssystem (VIS) gespeichert sind. Ein Krimineller kann somit in den Schengen-Raum einreisen, obwohl die Schweiz im SIS eine Einreisesperre ausgeschrieben hat, wenn er unter falscher Identität bei der Botschaft eines anderen Landes ein Visum beantragt.

Bei den EU-Interoperabilitätsverordnungen handelt es sich um Weiterentwicklungen des Schengen-Rechts, zu deren Übernahme die Schweiz verpflichtet ist.

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