Ein Sicherheitsmann stand am Mittwoch vor dem Bülacher Bezirksgericht. Er soll im Januar 2020 einen Mann gegen den Kopf getreten haben. Ein Urteil steht aus.
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Die Stadtpolizei Zürich. (Symbolbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In der Nach auf den 17. Januar 2020 kam es in Ebrach ZH zu einer Auseiandersetzung.
  • Ein Sicherheitsmann soll einen Bewohner des Asylzentrums gegen den Kopf getreten haben.
  • Am Mittwoch konnte vor Gericht noch kein Urteil gefällt werden.

Ein Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma soll einem randalierenden Bewohner des Bundesasylzentrums in Embrach ZH mit seinem Stiefel einen Tritt gegen den Kopf versetzt haben. Vor dem Bülacher Bezirksgericht hat er am Mittwoch einen Freispruch gefordert. Ein Urteil konnte noch nicht gefällt werden.

Zur Auseinandersetzung war es in der Nacht auf den 17. Januar 2020 gekommen. Der Asylsuchende, ein heute 33-jähriger Kurde aus dem Iran, trug einen Bruch des linken Unterkiefers davon.

Der 33-Jährige soll gemäss Anklageschrift gegen 0.45 Uhr vor dem Embracher Bundesasylzentrum gestanden und Steine gegen Fenster und Eingangstüre geworfen haben. Er habe sich an jenem Abend, da er nicht in seinem gewohnten Raum habe schlafen dürfen, ungerecht behandelt gefühlt, begründete dessen Anwalt dies vor Gericht.

Wegen dieser Steinwürfe sei er von seinem Schichtleiter mit zwei Arbeitskollegen nach draussen geschickt worden, erklärte der 30-jährige Sicherheitsmann am Mittwoch.

Der Mann habe weitere Steine geworfen, auch auf einen seiner Kollegen. «Wir gingen zu dritt auf ihn los, konnten ihn packen und zu Boden drücken.» Dabei hätten sie Gewalt anwenden müssen, da der Asylbewerber herumgefuchtelt habe. An Schläge, einen Tritt oder weitere Details konnte sich der Sicherheitsmann nicht erinnern.

Der Verletzte hat, wie sich aus der Befragung des Richters ergab, einzig gegen den Beschuldigten eine Strafanzeige eingereicht. Die anderen beiden hätten ihn zwar auch geschlagen; aber nur der Dritte habe ihm, als er schon am Boden fixiert gewesen sei, mit seinem Stiefel einen Tritt an den Kopf versetzt.

Der Staatsanwaltschaft beantragte, dass der 30-Jährige wegen versuchter schwerer Körperverletzung mit einer Freiheitsstrafe von acht Monaten bestraft wird. Diese soll zugunsten einer Probezeit von zwei Jahren bedingt aufgeschoben werden.

Der am Boden fixierte Mann habe zwar keine lebensgefährliche Verletzung erlitten, hiess es dazu in der Anklageschrift. Doch hätte es auch zu einem Schädelbruch, einem Schädelhirntrauma mit Hirnblutungen oder einem Genickbruch kommen können.

Der Staatsanwalt wies in seinem sieben Minuten dauernden Vortrag auch darauf hin, dass es ausser den Aussagen des Opfers keine anderen belastenden Angaben gebe. Es sei dem Gericht überlassen, ob es zu einem Schuldspruch komme oder nicht.

Der Verteidiger des Sicherheitsmannes stufte die Aussagen des Asylbewerbers als unglaubhaft und widersprüchlich ein. Diese wiesen eine «zunehmende Dramatisierung» auf. Mit seinen «abenteuerlichen Beschuldigungen», einer erst später eingereichten «Gegenanzeige», wolle er sich im gegen ihn laufenden Verfahren wegen Sachbeschädigung und Drohung gegen Beamte als Opfer darstellen.

Der Kieferbruch sei durch Arztberichte erstellt, hielt dem der Anwalt des Asylbewerbers entgegen. Dass keiner in jener Nacht anwesenden Securityleute den Tritt gesehen haben will, führte er auf einen «problematischen Korpsgeist» zurück und bezeichnete deren Aussagen als «Vertuschungsstrategie».

Sein Mandant, der bereits vor dem Vorfall an Angst- und Schlafstörungen litt, habe gravierende psychische und physische Folgen davongetragen. Er forderte eine Genugtuung von 10'000 Franken.

Das Bezirksgericht Bülach kann sein Urteil erst zu einem späteren Zeitpunkt fällen. Wie der Staatsanwalt am Mittwoch einräumte, ist es in der Untersuchung zu einem Versäumnis gekommen - es fehlt an einer Ermächtigung durch den Bund.

Weil der Beschuldigte bei einer privaten Sicherheitsfirma arbeitete, die im Auftrag des Staatssekretariates für Migration (SEM) tätig ist, gilt er als Beamter. Das Gericht will die erforderliche Ermächtigung nun nachträglich einholen. Bis diese vorliegt, ist das Verfahren einstweilen ausgesetzt.

Die Bundesasylzentren standen - wegen Gewaltvorwürfen - verschiedentlich in der Kritik. Die Grund- und Menschenrechte der Asylsuchenden würden in den Zentren grundsätzlich eingehalten und nicht systematisch verletzt, hiess es im Oktober 2021 in einem Bericht, den das SEM in Auftrag gegeben hatte. Mitarbeitende von privaten Sicherheitsfirmen hätten aber in mehreren Fällen unverhältnismässigen Zwang angewendet.

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