Bei Verspätung: Schweizer Passagiere könnten bald mehr erhalten
Ein neues EU-Paket könnte Schweizer Flugpassagieren künftig bei Verspätungen deutlich höhere Entschädigungen sichern.

Das Wichtigste in Kürze
- Schweizer Passagiere erhalten heute bei Verspätungen keine gesetzliche Entschädigung.
- Mit dem neuen EU-Paket könnte sich diese Ungleichbehandlung endlich ändern.
- Schweiz-Passagiere würden bei einer Annahme den EU-Passagieren gleichgestellt.
Schweizerinnen und Schweizer werden seit Jahren benachteiligt, wenn es um Entschädigungen bei verspäteten Flügen geht. Wenn beispielsweise ein Flug in die USA über fünf Stunden verspätet startet, bekommt ein EU-Passagier 600 Euro als Entschädigung. Schweiz-Passagiere hingegen: Nichts!
Diese Ungleichbehandlung besteht seit Jahren und ist sogar rechtlich abgesegnet. Doch dies könnte sich in naher Zukunft endlich ändern – und zwar mit den neuen EU-Verträgen. Frühestens 2027 wird darüber abgestimmt.
Kommt das EU-Paket durch, wären Schweizer Passagiere bei Verspätungen den EU-Bürgern gleichgestellt. Christian Schubert vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) bestätigt gegenüber «CH Media»: «Im Bereich der Luftfahrt ist der Grundsatz der einheitlichen Rechtsauslegung vorgesehen.» Schweizer Gerichte müssten sich «neu vollumfänglich» an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs halten.
Auch der Bundesrat verspricht im erläuternden Bericht zum EU-Paket entsprechende Verbesserungen: Konsumentinnen und Konsumenten sollen «die gleichen Passagierrechte wie in der EU» erhalten – inklusive Entschädigungen bei Annullierungen und Verspätungen.
Schweizer Airlines sparen pro Jahr mehrere Millionen
Dass die Rechtslage in der Schweiz abweicht, liegt auch an einem Urteil des Bezirksgerichts Bülach ZH von 2016. Seither erhalten Passagiere bei Verspätungen keine Ausgleichszahlungen – nur bei Annullierungen.
Airlines wie Swiss, Edelweiss oder Helvetic in der Schweiz profitieren davon. Simon Sommer, Fluggastrechtsexperte der Firma Cancelled, meint: «Wir gehen davon aus, dass die Swiss dadurch pro Jahr mehrere Millionen Franken spart.»
Anders ist die Lage, sobald ein EU-Land tangiert ist – etwa beim Abflug-, Zielort oder dem Sitz der Airline. «Je nachdem haben wir dann bis zu drei mögliche Klageorte», sagt Sommer. Dies führe zur bizarren Situation, dass die Swiss im Ausland belangt werden könne, während sie in der Schweiz verschont bleibt.
Sommer erwartet, dass eine engere Anbindung an das EU-Recht die Schweizer Gerichte künftig stärker prägen würde. Zusätzlich arbeitet die EU bereits an einer Reform der Fluggastrechte, die zu noch höheren Ansprüchen führen könnte. Müsste die Schweiz diese übernehmen, wären Abweichungen wie im Fall Bülach unwahrscheinlicher.
So viele Anzeigen gegen Airlines wie noch nie
Die Stiftung für Konsumentenschutz bestätigt in dem Bericht, dass Rückerstattungen oft schwierig durchzusetzen sind. Rechtsleiterin Livia Kunz sagt gegenüber «CH Media»: «Das Einfordern der Rückerstattungen braucht Geduld und Hartnäckigkeit und klappt am Ende oft doch nicht.»

Auch die Zahlen des Bazl zeigen, wie gross der Ärger inzwischen ist. Kommt es zwischen Airline und Passagier zu keiner Einigung, übernimmt das Amt die Durchsetzung der Fluggastrechte. Und dort ziehen die Fälle seit Jahren an: 2024 wurden mit 7600 Anzeigen so viele Beschwerden wie noch nie verzeichnet.








