Bei der Migros kann man sich jetzt per Whatsapp bewerben
Wer bei der Migros eine Stelle sucht, kann sich auch per Whatsapp bewerben. Das Prozedere gilt als modern und unkompliziert. Doch es gibt auch Nachteile.

Das Wichtigste in Kürze
- Migros bietet auch eine Bewerbung per Whatsapp an.
- Das Unternehmen nutzt Whatsapp für den direkten Zugang zu jüngeren Zielgruppen.
- Die Idee sei gut, doch es lauern auch Fallstricke, warnen Experten.
Das E-Mail hat ausgedient. Zumindest, wenn man sich bei der Migros um eine Stelle bewirbt.
Beim orangen Riesen kann man sich nämlich auch via Messengerdienst Whatsapp bewerben.
Das Prinzip dabei ist simpel: Statt online ein Formular ausfüllen oder ein formelles Mail formulieren zu müssen, wird man mit einem KI-Chatbot verbunden.
Schritt für Schritt fragt dieser Chatbot die wichtigsten Informationen ab. Die Interviewfragen kommen als spielerisches Frage-Antwort-Format daher.
Am Schluss fordert er einen auf, ein Foto und einen Lebenslauf hochzuladen. Und schwupps ist die Bewerbung bei der Migros.
Personalberaterin Karin Signer hat für Nau.ch eine Bewerbung über Whatsapp durchgespielt. Ihr Fazit: «Es ist immer spannend, technisch neue Möglichkeiten einzusetzen, um im Zeitalter von Fachkräftemangel auch einen anderen Personenkreis ansprechen zu können.»
Weiter findet sie: «Für mich wirkt es spielerisch, einfach und bietet eine örtlich unabhängige Kontaktaufnahme.» Darüber hinaus sei auch die Handhabung technisch einfach.
«Nachteil sehe ich in der Qualität der Daten – was passiert bei Tippfehlern? Wie überprüfbar sind die erhaltenen Daten? Wie ernst meinen es die Bewerber effektiv oder betrachten sie es eher als ‹unverbindliches Checken des eigenen Marktwerts›?»
«Bei Rollen mit wenig Fachkompetenz sinnvoll»
Nicht bei jedem Job sei eine Whatsapp-Bewerbung sinnvoll, findet Signer. «Allenfalls Sinn machen dürfte es bei Rollen, die wenig Fachkompetenz verlangen und wo kurzfristig Personal benötigt wird.»
Wenn mehr Information als nur der Lebenslauf verlangt werden, sei das Verfahren jedoch weniger sinnvoll. «Die Frage ist, ob die wenigen Informationen, die via Whatsapp unterbreitet werden, genug Entscheidungsbasis bieten für den weiteren Bewerbungsprozess.»
Auf Anfrage von Nau.ch erklärt die Migros, dass die Whatsapp-Bewerbung im April 2024 gruppenweit eingeführt wurde. Die Recruiterinnen und Recruiter entscheiden bei jeder Stelle individuell, ob sie die Whatsapp-Bewerbung zusätzlich zum klassischen Bewerbungsformular anbieten.
Der Whatsapp-Chat wird automatisch geöffnet, sobald man auf den Link trifft. Zunächst muss man der Datenschutzerklärung zustimmen. Diese sei mit den internen sowie gesetzlichen Bestimmungen konform, wie das Unternehmen erklärt.
Danach werden die Antworten an die Recruiterinnen und Recuriter übertragen. Nach 24 Stunden wird der Chat auf Whatsapp gelöscht.
Migros will mit Whatsapp-Bewerbung Junge erreichen
Das Verfahren ermögliche einen «direkteren Zugang zu den Zielgruppen, eine Ausweitung der Rekrutierungsmöglichkeiten sowie die Integration in Social-Media-Kampagnen».
Sprecherin Sarah Reusser erklärt: «Es erleichtert insbesondere den Zugang zu jüngeren Zielgruppen, die mobile Anwendungen bevorzugen.»
Und weiter: «Für Bewerbende ermöglicht das Verfahren einen einfachen, unkomplizierten und modernen Bewerbungsprozess». Dieser könne jederzeit und mobil von überall durchgeführt werden.
Für die Bewerbenden gebe es keine Nachteile, nicht aber für das Unternehmen. «Für die Migros entsteht ein zusätzlicher Abklärungsaufwand, wenn Unterlagen fehlen.»
Noch bewirbt sich nur eine Minderheit via Whatsapp. «Erste Beobachtungen zeigen, dass dieser Bewerbungsweg aktuell noch eine Nische darstellt und der klassische Weg weiterhin bevorzugt wird.»
Neben der Migros kann man sich auch bei anderen Unternehmen wie der Post oder Ikea via Whatsapp bewerben. Und es sollen wegen des Fachkräftemangels noch mehr werden.
KMU- und HR-Experte Alexander Beck sagt zu Nau.ch: «Ich empfehle, Whatsapp als zusätzlichen Rekrutierungskanal auf jeden Fall einzusetzen und Erfahrungen mit dem Tool zu sammeln.»
Er lobt: «Die Plattform ist unkompliziert und einfach zu handhaben, mit einer hohen Nutzerakzeptanz. Es ist eine lockere und vor allem persönliche Kommunikation, mit informeller Ansprache, oft in Du-Form.»
«Imagegewinn für Arbeitgeber»
Beck erklärt: «Der Arbeitgeber zeigt sich damit von einer modernen Seite, was auch ein Imagegewinn darstellt.»
Bei Spezialisten und Führungskräften, die komplexere Bewerbungen erfordern, sei Whatsapp nicht geeignet. Zudem müsse man sich auf technische Herausforderungen gefasst machen.
Es ermögliche Unternehmen aber zudem, «potenziellen Bewerbern zu zeigen, wer man als Arbeitgeber ist und was man zu bieten hat». «Denn es herrscht immer noch ein Arbeitnehmermarkt und die Altersdemografie schlägt erbarmungslos zu!»
Die bisherigen Tools über Social-Media oder die Unternehmens-Jobs-Seite ersetze Whatsapp aber nicht.