Bei Aldi Suisse sind die Brote jetzt schon abgepackt im Säckli
Schluss mit «Chafle»: Bei Aldi Suisse übernehmen die Mitarbeitenden das Einpacken von Brot und Brötli. Dadurch verbreiten sich Keime weniger.

Das Wichtigste in Kürze
- In einer Berner Aldi-Filiale packen Mitarbeitende Brot und Brötli bereits in die Säckli.
- Dies erleichtert laut Aldi die Reinigung.
- Ein Mikrobiologe sagt: Dadurch verbreiten sich Keime weniger.
- Mitbewerber wollen an der Brotzange festhalten.
Wer in einer Berner Filiale von Aldi Suisse frisches Brot kaufen will, greift neuerdings nicht mehr selbst zur Zange. Sondern nur noch zum Säckli.
Denn: Brot und Brötli sind jetzt fixfertig abgepackt und liegen nicht mehr lose in der Auslage, wie Bilder eines Nau.ch-Leserreporters zeigen.
Steckt dahinter eine neue Hygiene-Offensive?
Aldi Suisse verneint und liefert auf Anfrage von Nau.ch eine andere Erklärung für den Wandel. «In unserer Filiale an der Eigerstrasse in Bern packen unsere Verkaufsmitarbeitenden die restlichen Brote jeweils kurz vor Ladenschluss ab.»
Aldi Suisse will dadurch weniger «Brösmeli»
Der Discounter erklärt: «Dieses Vorgehen dient als vorbereitender Arbeitsschritt, um weitere ‹Brösmeli› im Brotregal vor der Reinigung zu vermeiden.»
Der Schritt habe sich beim Filialteam bewährt. Dennoch werde das nicht in allen Filialen von Aldi Suisse so angewandt.
Doch: Auch wenn die Hygiene zumindest vordergründig nicht der Grund für das Vorabpacken bei Aldi Suisse ist. Hygienischer ist es so trotzdem.
Lars Fieseler, Mikrobiologie-Professor vom Zentrum für Lebensmittelsicherheit an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), sagt zu Nau.ch: «Aus mikrobiologischer Sicht schränkt dieser Schritt die Verbreitung von Keimen ein.»
Voraussetzung dazu sei, dass die Mitarbeitenden die Hygiene-Vorschriften einhielten. Also Arbeitskleidung tragen, Hände korrekt waschen und Handschuhe anziehen.
Aber: «Eigentlich würde ich ‹hygienisches Verhalten› auch von den Kunden erwarten», meint Fieseler.
Weissbrot ist anfälliger für Keime
Doch auf welche Keime ist Brot überhaupt anfällig?
Einerseits kann sich Schimmel bilden – allerdings erst nach längerer Lagerung. Andererseits sind ungesäuerte Brottypen wie Weiss- oder Toastbrot für das sogenannte «Fadenziehen» anfällig.

Fieseler erklärt: «Es wird von sporenbildenden Bakterien gebildet, die durch das Backen nicht abgetötet werden. Neuerdings ist gezeigt worden, dass solche Bakterien für den Menschen schädliche Toxine bilden können.»
Mikrobiologe warnt vor Keimen: «Brotzange langen alle an»
In der Schweiz sei es bislang aber zu keinen solchen Erkrankungen gekommen. Das Risiko werde als gering eingeschätzt. Der Lebensmittel-Experte betont: «In der Regel ist frisch gebackenes Brot, wie es im Supermarkt vorliegt, nicht mit Keimen belastet.»
Doch auch auf der Brotzange lauern Keime. «Eine solche Brotzange ist für die Kunden wie eine stark benutzte Türklinke. Alle langen sie an», weiss der Experte.

«Dadurch können Keime über die Brotzange von einem Menschen zum nächsten übertragen werden.» Allerdings komme das Brot selbst damit nicht in direkten Kontakt mit der Hand.
«Daher kann die Keimübertragung mit der Brotzange vermindert werden, was ja auch der Gedanke hinter der Einführung der Zangen war.»
Bei den Mitbewerbern von Aldi Suisse herrscht beim Brotregal ein Flickenteppich, wie eine Nau.ch-Umfrage zeigt.
Bei Coop werden die grossen Brote grundsätzlich immer direkt nach dem Backen in Säckli abgepackt. Nur die kleineren Brötli müssen selbst abgepackt werden.
Grossverteiler erheben keine Zahlen zu Brötli-Grüsel
Rückmeldungen zur Hygiene oder zum Hygieneempfinden erhalte Coop praktisch keine. Und der Grossverteiler betont: «Der Grossteil unserer Kundinnen und Kunden verwendet für das Abpacken der Kleinbrote die entsprechend bereitgestellten Brotzangen.»
Auch die Migros bietet Backwaren im Offenverkauf an, damit die Kundinnen und Kunden ihre Produkte individuell auswählen können. «Grundsätzlich ist es nicht strategisch vorgesehen, Brote und Brötli vorab zu verpacken. Teilweise kann es jedoch vorkommen, dass gewisse Brote bereits verpackt angeboten werden.»
Der Offenverkauf sei ein «integraler Bestandteil» der Migros-Nachhaltigkeitsstrategie. Damit könnten Verpackungen reduziert werden. Kundinnen und Kunden können nämlich auch ein wiederverwendbares Säckli verwenden.
Brötli-Grüsel lauern in der Migros offenbar keine. «Unsere Kundinnen und Kunden halten sich an Hygieneregeln. Sie verwenden entweder die bereitgestellte Zange, die Handschuhe oder direkt den Beutel, um ihr Brot zu entnehmen.» Je nach Grösse komme die eine oder andere Methode zur Anwendung.
Denner will noch mehr unverpackte Backwaren anbieten
Bei Denner sind viele Backwaren derzeit schon vorbepackt. Allerdings stellt der Discounter gerade sein Ladenkonzept um. «Im Rahmen des neuen Ladenkonzepts wird ein grosser Teil der Backwaren neu unverpackt angeboten.»
Allerdings: «Gewisse Brote werden aus hygienischen Gründen vorverpackt angeboten. Beispielsweise reduzierte Backwaren kurz vor Ladenschluss, bei denen ein Rabattkleber auf dem Säcklein angebracht wird.»
Generell erhalte Denner dazu positives Feedback. Rückmeldungen zum Hygieneempfinden seien bislang keine eingegangen. Der Discounter verweist auf die Plexiglasscheiben, die Greifzangen und die Einweg-Handschuhe der Mitarbeiter.
Die Kundinnen und Kunden werden aber nicht explizit darauf hingewiesen. «Wir sind aber gerne behilflich, falls jemand Mühe bekundet im Umgang mit offen verkauften Backwaren.»
Lidl rüstet mit Einweg-Handschuhen auf
Lidl, dem direkten Konkurrenten von Aldi Suisse, bietet den Grossteil seiner Backwaren bereits offen an – und will daran festhalten. Dafür rüstet der Discounter hygienetechnisch auf.

«Neben der bewährten Brotzange stellen wir unseren Kundinnen und Kunden neu auch Einweghandschuhe zur Verfügung», heisst es bei Lidl. «Diese dienen der weiteren Verbesserung der Hygiene im Selbstbedienungsbereich und werden von unserer Kundschaft sehr geschätzt.»
Das Hygieneempfinden werde dadurch gesteigert. Zwar würde der Grossteil der Kundinnen und Kunden die Brotzange korrekt verwenden, aber: «Unsere Mitarbeitenden achten darauf, dass die Hygieneregeln eingehalten werden und sprechen bei Bedarf freundlich darauf an.»