Bangerten BE: 22-jähriger Berner restauriert Flipperkästen
Simi Hess ist erst 22-jährig, gilt in der Szene aber bereits als ausgewiesener Spezialist für die Restaurierung alter Flipperkästen und anderer Automaten.

Das Wichtigste in Kürze
- Simi Hess entdeckte als Kind seine Leidenschaft für alte Automaten.
- Heute ist er Spezialist für die Restaurierung von Flipperkästen und Jukeboxes.
- Trotz verschwundener Hersteller bleibt die Nachfrage hoch, besonders bei jungen Kunden.
Die berufliche Laufbahn von Simi Hess aus Bangerten im Berner Seeland begann vor elf Jahren an einer Tankstelle in Schnottwil.
Simi sah dort einen ausrangierten Zigarettenautomaten an der Wand hängen, den niemand mehr wollte. Er behändigte ihn, nahm ihn nach Hause, zerlegte ihn auf dem Stubentisch und brachte ihn wieder zum Funktionieren.
Simi war damals gerade elf Jahre alt, aber er hatte seine Leidenschaft entdeckt. Sie hat ihn seither nicht mehr losgelassen. Nach dem ersten Zigarettenautomaten kamen alte Geldspielgeräte aus Beizen in Simis Behandlung.
Zwei Jahre später begann er mit dem, was heute sein Kerngeschäft ist: «Den ersten Flipperkasten kaufte ich mit dreizehn bei einem Händler».
Das erzählt er in seiner Werkstatt im Elternhaus im Weiler Hohrain bei Bangerten, das seit 2016 zur Gemeinde Rapperswil gehört. Es handelte sich um das Modell «Winner» der Firma Williams aus Chicago, gebaut 1972.
Der «Winner» ist ein elektromechanischer Flipperautomat mit vier Flippern, zwei Schleudern und mechanischen Pferden, die unter Plexiglas laufen.
Unternehmer mit 14
Schon mit vierzehn machte Simi Hess sein Hobby zum Geschäft: Als er 2016 die ersten revidierten Geräte verkaufte, wurde er zum Jungunternehmer, der gleichzeitig brav zur Schule ging. Ursprünglich nahm sich Simi die alten Automaten in der Garage des Hauses vor.
Doch diese wurde bald zu klein. Er konnte in eine frühere Schreinerwerkstatt im Untergeschoss des einstigen Bauernhauses umziehen, das seine Eltern 1998 gekauft und umgebaut hatten.

Dort repariert und restauriert er Flipperkästen, Jukeboxes und Plüschtierautomaten. Die Apparate verkauft er. Es ist aber auch möglich, bei ihm Flipper, Töggelikästen, Plüschtierautomaten und Musikboxen für Hochzeiten, andere Feste oder Firmenanlässe zu mieten.
«Ich bin dann selber vor Ort und schaue, dass alles funktioniert», erklärt Simi Hess. Neben der Werkstatt befindet sich ein grosses Lager mit zahlreichen demontierten Flipperkästen, die der Restaurierung und eines Käufers harren.
Bäckerlehre absolviert
Eine Lehre kann man in Simis Fach nicht absolvieren. Einst gab es verwandte Berufe wie den Fernmelde- und Elektroapparatemonteur (FEAM) oder den Elektriker. Doch im Zeitalter der Elektronik spielt die Elektromechanik keine Rolle mehr.
Nach der Schule entschied sich Simi Hess deshalb für eine Ausbildung in einem gänzlich anderen Fach: In einer Bäckerei im Nachbardorf Rapperswil absolvierte er eine Berufslehre zum Bäcker/Konditor. «Ich war sicher kein Bilderbuchlehrling», sagt er heute lachend.

Nach dem Lehrabschluss arbeitete er 60 Prozent als Bäcker, aber nicht für lange: «Schon nach einem halben Jahr war ich hundertprozentig selbständig.»
Einen Meister, der ihn in die Geheimnisse der Automaten einführte, fand er ebenfalls. Dieser hiess tatsächlich so: Res Meister. Er hatte 40 Jahre in der Branche gearbeitet, in der er einer der Besten war.
Simi Hess verbrachte viel Zeit in dessen Werkstatt in Kräiligen, wo ihm Meister sein Know-how vermittelte.
Fans sind geblieben
Die ersten Flipperkästen mit beweglichen Flipperfingern kamen 1947 von der Firma Gottlieb in Chicago. In den 1990er-Jahren verschwanden die bekanntesten Produktionsfirmen sukzessive vom Markt: Gottlieb meldete 1996 Insolvenz an.
Williams stellte 1999 die Produktion von Flipperkästen ein. Bally, ein weiterer grosser Hersteller, war schon 1988 von Williams übernommen worden und verschwand vom Markt.

«Aber die Kundschaft ist nicht am Aussterben», sagt Simi Hess. Er kann sich jedenfalls nicht über mangelnde Arbeit beklagen, ganz im Gegenteil: «Es gibt nicht mehr viele, die das machen, und die meisten Berufskollegen sind sechzig oder siebzig Jahre alt.»
Wer Simis Dienste beanspruchen will, muss sich deshalb in Geduld üben: «Eine kleine Reparatur kann ich in zwei, drei Wochen durchführen», sagt der Automaten-Zauberer.
Er besucht dann seine Flipper- oder Jukebox-Kunden bei ihnen zu Hause. «Für eine Restauration muss man aber ein halbes Jahr rechnen.»
Bei vielen seiner Kunden handelt es sich nicht um Nostalgiker, die ihre Freizeit in den 1970ern oder 80ern in Spielsalons verbrachten. «Sie sind um die Dreissig, haben eine eigene Wohnung, ein stabiles Einkommen und betrachten Flipperkästen oder Jukeboxes als Luxusobjekte.»
Cadillac vor Haustüre
Simi, immer noch erst 22, hat seine eigenen Luxusobjekte neben dem Haus geparkt: einen Cadillac Seville von 1998 mit einem Achtzylinder-Motor, der mehr als 300 PS leistet. Und zwei Peugeots, von denen der rund 30 Jahre alte 405 T16, als attraktive Kombination von Hochleistungstechnologie und Limousine galt.
Eine weitere Überraschung wartet in Simis Wohnung im Elternhaus: Der junge Mann ist ein Fan der 1950er-Jahre. Nierentische und Stühle aus der Zeit, mit farbigem Resopal verkleidete Möbel und Emaille-Schilder mit Werbebotschaften zieren Küche und Wohnzimmer.
«Fast alles aus dieser Zeit ist weggeschmissen worden», bedauert er. Umso wertvoller sind die übriggebliebenen Stücke.








