BärnerBär zu Gast im «Maison de la Lumière» in Rosshäusern
In Rosshäusern zeigt das neue «Maison de la Lumière» die Fotografiegeschichte. Gegründet wurde es von der Berner Fotografin Simone Wälti.

Das Wichtigste in Kürze
- Seit September gibt es in Rosshäusern das «Maison de la Lumière».
- Das kleine Museum der Berner Fotografin Simone Wälti ist der Fotogeschichte gewidmet.
- Im digitalen Zeitalter setzt die Museumsgründerin wieder vermehrt auf analoge Fotografie.
Seit September gibt es in Rosshäusern ein kleines, mit viel Liebe zum Detail ausgestattetes Museum, das «Maison de la Lumière», welches der Fotografiegeschichte gewidmet ist. Gründerin ist die 54-jährige Berner Fotografin Simone Wälti.
Das helle, zweistöckige Mehrfamilienhaus mit den roten Fensterläden an der Stationsstrasse 74 gegenüber dem Bahnhof Rosshäusern lässt nicht auf den ersten Blick ein Museum vermuten.
Die Innenräume beseitigen das Museums-Klischee der «verstaubten Gegenstände in Glasvitrinen»: Die Exponate präsentieren sich geordnet, sind aber frei zugänglich und erlebbar.
Simone Wälti begleitet uns in einen abgedunkelten Raum, welcher als kleines Kino dient. Der 20-minütige, von Simone Wälti gestaltete Film ist der Auftakt zum Museumsbesuch.
Chronologisch erzählt er für Laien verständlich die 200-jährige Geschichte der Fotografie. So erfahren wir, dass der für die meisten Menschen unbekannte französische Erfinder Joseph Nicéphore Niépce im Jahr 1826 die erste lichtbeständige Fotografie der Welt aufnahm: einen Blick aus dem Fenster seines Arbeitszimmers im Gutshof «Le Gras» mit einer Belichtungszeit von acht Stunden.
Zu Ruhm kam später aber Louis Daguerre, der nach Niépces Tod (1833) das erste kommerziell nutzbare fotografische Verfahren, die «Daguerrotypie», erfand. Daguerre erhielt in Anerkennung seiner Leistungen mehrere Auszeichnungen.
200 Jahre Fotografie: 1826–2026 l Das Maison de la Lumière in Kürze
8 Stationen des Rundgangs erzählen ein Stück Fotografiegeschichte:
1 Der 20-minütige Film: Vom Licht bei Aristoteles bis zur Fotografie der KI.
2 Daguerretypomanie: Die Karikatur von 1839 zeigt den Fotografie-Rausch.
3 Museumsboxen: Fünf Boxen öffnen Fenster in die Epochen der Fotografie.
4 Nicéphore Niépce: Der Mann des ersten Fotos der Welt.
5 Die Gartenbank: Eine Pause mitten in Paris.
6 Camera Obscura: Betreten Sie die «dunkle Kammer»!
7 Die Dinge auf dem Tisch: Entdecken Sie sie über die QR-Codes!
8 Die Karten: Fakten, Anekdoten und Skurriles. Das Museum ist jeden zweiten Sonntag von 10.30 bis 16.30 Uhr geöffnet.
Auf den Spuren von Niépce
«Alle sprechen von Daguerre, dabei war es Nicéphore Niépce, der die Grundlagen lieferte!», ereifert sich Simone Wälti und empfindet die Behandlung des (beinahe) in Vergessenheit geratenen Fotopioniers ungerecht.
«Selbst in der Zeit meiner Berufslehre wurde uns nicht klar vermittelt, wer eigentlich die Fotografie erfunden hat», erinnert sie sich. Inzwischen wusste sie, dass Niépce die erste Fotografie der Welt herstellte.
Jahre später, 2023, kam der Wunsch auf, sich den Wirkungsort des Erfinders näher anzusehen. So reiste die Familie samt Hund ins Burgund nach St-Loup-de-Varenne, zum Landsitz «Le Gras», wo Niépce lebte und experimentierte.
«Was ich zu sehen bekam, war enttäuschend. Alles wirkte schäbig, verstaubt, lieblos, in einem ungepflegten Park. Für mich war klar: Ich wollte diesem bedeutungsvollen Menschen im Rahmen meiner Möglichkeiten eine späte Ehre erweisen.»
Auf der Rückfahrt aus dem Burgund reifte bei Simone Wälti zudem der Gedanke, wieder vermehrt analog zu fotografieren und die analoge Fotografie in ihr Angebot aufzunehmen. So richtete sie in ihrem Atelier in Rosshäusern eine Dunkelkammer mit Entwicklungsbädern ein.
«Ich fühlte mich wieder in der Welt, wie ich sie als 16-jährige lernende Fotografin erleben durfte. Die Handgriffe sind geblieben, man arbeitet im Dunkeln – alles ist einfach wieder ‹echt›!», begeistert sie sich.
Weiter stellte die Fotografin bei ihren Aufträgen fest, dass den Kundinnen und Kunden die Kenntnisse für die analoge Fotografie völlig fehlen. «Kommt dazu, dass in den uns bekannten Fotomuseen die Geschichte der Fotografie vernachlässigt wird», so Simone Wälti und entdeckte eine Nische für sich.
Aus der Summe dieser Feststellungen entstand schliesslich die Idee zu einem «Haus des Lichts». Sie schritt zur Tat und recherchierte monatelang mit Unterstützung der künstlichen Intelligenz.
Dekoratives, erlebbares Museum
Für Simone Wälti war bald klar, dass die Geschichte der Fotografie chronologisch, folgerichtig, interaktiv und erlebbar dargestellt werden muss – spielerisch, emotional, verständlich, nicht allzu technisch.
«Es sollte ein niederschwelliges Museum werden, das den Besuchenden allfällig vorhandene Berührungsängste nehmen soll, da ist so viel Fleisch am Knochen!», sagt die frischgebackene Museumsleiterin.

«Wir halten mit dem Handy jeden Tag eine Camera obscura in den Händen, ohne dass es uns bewusst ist. Dort ist der Dunkelraum so verkleinert, dass man ihn nicht sieht und als Gehäuse zeigen kann.»
Simone Wälti liess sich von mehreren Museen inspirieren, lernte, wie man Exponate präsentieren soll – oder auch nicht … Sie bezeichnet sich selbst als gute Beobachterin, eine Eigenschaft, die in ihrem Beruf als Fotografin kein Nachteil ist.
Schaut man sich im Maison de la Lumière um, bestätigt sich diese Selbstwahrnehmung. Simone Wälti ist eine gestalterische, poetische Fotografin, die gerne dekoriert und inszeniert.
«Mit dem Aufbau des Museums konnte ich mich entfalten und meinem ursprünglichen Berufswunsch – Dekorateurin – nachleben.» Das Licht, eine unentbehrliche Komponente der Fotografie, faszinierte Simone Wälti von jeher: Sonnen- und Mondlicht, Kunstlicht, Kerzenlicht.
«Licht musste Bestandteil des Museumsnamens sein.» Haus statt Museum: «In einem Haus existiert die Zeit nicht, alle erwähnten Personen mit ihren Freuden und Dramen leben gleichzeitig. Haus steht für Dynamik, Lebendigkeit und Begegnungsort, wo man sich austauscht», begründet sie die Namensgebung.
Unerschöpflicher Ideenreichtum
Besuchende ermunterten die Museumsleiterin, die Ausstellung zu vergrössern. «Der Fantasie sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt, wohl aber dem Platz», schmunzelt Simone Wälti.
Im angrenzenden Garten möchte sie in naher Zukunft eine Kaffeeecke einrichten und in den vorhandenen Einbauschränken plant sie, mittels Dioramen Miniaturwelten zu schaffen, damit die Besuchenden auf diese Weise direkt und dreidimensional in die Geschichte der Fotografie eintauchen können.
Fazit nach dem Besuch des «Maison de la Lumière»: Ein Bijou ist geboren und erfreut sich eines gesunden Wachstums. Das Haus ist auf «Willkommen» geschaltet!
Persönlich
Simone Wälti wurde am 8. Februar 1971 geboren und wuchs im Liebefeld auf. Nach dem Lehrabschluss als Werbefotografin arbeitete sie in verschiedenen Werbeagenturen in Bern und Biel.
Von 1997 bis 2005 war sie als Art Director in der Redaktion des «Touring», des Mitgliedermagazins des TCS, tätig. Seit 2005 arbeitet sie als selbstständige Fotografin, spezialisiert auf Werbefotografie, Porträts und künstliche Intelligenz KI.
Simone Wälti ist verheiratet, hat eine Tochter, wohnt und arbeitet in Rosshäusern. Das von ihr gegründete Maison de la Lumière öffnete seine Pforten am 7. September 2025.








