Kleinstadt sucht Landarzt – Mediziner aus ganz Frankreich helfen aus

In der 1150-Einwohner-Gemeinde Ajain, mitten in Frankreich, ging vor gut zwei Jahren der letzte Hausarzt in Rente. Seither kämpfte der Ort vergeblich um eine Nachfolge. Schilder am Ortseingang, ein Videoclip – es half alles nichts.

Dann meldete sich der Arzt Martial Jardel, der gerade sechs Monate lang per Wohnmobil als Vertretungsarzt quer durch Frankreich fuhr. Er stellte dem Bürgermeisteramt einen ungewöhnlichen Plan vor. Das pfiffige Konzept: Für je eine Woche kommt eine Ärztin oder ein Arzt irgendwo aus Frankreich und springt in der Gemeinde ein.

Im Herbst ging sein innovatives Konzept mithilfe der Gesundheitsbehörde und dem Ärztekollektiv «Médecins Solidaires»an den Start. Letzteres hatte Jardel zur Umsetzung seiner Idee selbst gegründet.

In Ajain werden die Gast-Ärzte in einem Landhaus einquartiert, erklärte der Beigeordnete der Gemeinde, Thomas Marty. Die neue Praxis wurde in einem angemieteten Containergebäude eingerichtet. Das sei eine schnelle, vielleicht aber noch nicht die dauerhafte Lösung, so Marty.

Bei jeder Visite ein anderer Arzt – dies sei für die Patienten kein Problem, sagte der Bürgermeister. Denn die ungewöhnliche Landarztpraxis verfüge über feste Sprechstundenhilfen und Patientenakten. «Die Leute sind überrascht, dass man sich um sie und ihre kleinen Wehwehchen kümmert, sie sind sehr zufrieden.»

Der Landarztmangel ist in Frankreich enorm: Rund 22 Millionen Menschen leben in einer unterversorgten Region. Etwa sechs Millionen haben keinen festen Hausarzt. Ein Patentrezept hat die Regierung bisher noch nicht gefunden.