Bereits Ende vergangenen Jahres konnte die bisher grösste Menge an Energie durch Kernfusion produziert werden. Die Forscher sehen zuversichtlich in die Zukunft.
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Blick in den Innenraum der Kernfusions-Versuchsanlage JET. (Pressebild) - sda - UKAEA

Ein internationales Forschungsteam mit Schweizer Beteiligung hat einen Weltrekord bei der Energiegewinnung durch eine Kernfusion verkündet. Die Fusionsanlage «Jet» in Grossbritannien habe 69 Megajoule Energie aus 0,2 Milligramm Brennstoff gewonnen, teilte das Forschungskonsortium Eurofusion am Donnerstag vor den Medien mit.

Es handle sich um die grösste Energiemenge, die bisher in einem Fusionsexperiment erreicht wurde. «Dieser neue Rekord stimmt zuversichtlich für die Zukunft», sagte Yves Martin der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Martin ist stellvertretender Direktor des am Rekord-Projekt beteiligten Swiss Plasma Center an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL).

Zehn Stunden laufende Waschmaschine

Die mit «Jet» (Joint European Torus) erreichten 69 Megajoule entsprechen etwa der Energie, die eine Waschmaschine braucht, um zehn Stunden zu laufen. Für die gleiche Energiemenge hätte es statt den 0,2 Milligramm Brennstoff etwa zwei Kilogramm Braunkohle gebraucht – also rund zehn Millionen Mal so viel, wie es von Eurofusion hiess.

Auch bei diesem Rekord sei allerdings keine positive Energiebilanz entstanden, präzisierte Martin. Laut dem Forscher wurde rund dreimal mehr Energie reingesteckt, als erzeugt wurde. Um mehr Energie zu gewinnen, bräuchte man laut Martin eine grössere Anlage.

Das Prinzip hinter der Kernfusion ist einfach: Wie in der Sonne werden bei grosser Hitze Wasserstoffatome zu Helium verschmolzen. Dabei wird Energie frei. Im «Jet» wurden dafür die Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium verwendet.

Fusionsreaktor-Prototypen bis 2045 erwartet

Bis mit dieser Technologie Strom für Haushalte produziert wird, dauert es nach Einschätzung Martins noch rund zwanzig Jahre. «Wir rechnen damit, dass im Jahr 2045 erste Prototypen von Fusionsreaktoren stehen», sagte der Forscher.

Der Weltrekord am «Jet» gelang bereits am 3. Oktober 2023. Damit hat «Jet» seinen 2021 aufgestellten Rekord von 59 Megajoule übertroffen.

Neues Projekt «Iter» baut Testreaktor

Der Rekord wurde in einem der letzten Experimente in der Fusionsanlage «Jet» aufgestellt. Nach 40 Jahren wurde der Betrieb der Anlage im Dezember 2023 eingestellt. Im Moment laufen noch Auswertungen von Experimenten, die am «Jet» durchgeführt wurden, wie die Forscher an der Medienkonferenz erklärten.

«Dass wir auch nach vier Jahrzehnten mit der Anlage noch solche Fortschritte erzielen konnten, ist ein sehr gutes Zeichen für die Fortschritte, die wir mit dem neuen Fusionsreaktor 'Iter' erzielen werden», sagte Martin. «Iter» (International Thermonuclear Experimental Reactor) ist ein internationales Grossprojekt, das derzeit einen Testreaktor in Frankreich baut. Auch an «Iter» ist das Swiss Plasma Center beteiligt.

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