Trotz der wieder steigenden Corona-Fallzahlen sollen die Schulen geöffnet bleiben. Eine Studie zeigt auf, dass dies «ein erhebliches Risiko» darstellt.
Coronavirus Schule Kinder
Gehören Kinder zu den Treiber der Corona-Pandemie? Die Experten sind sich uneinig. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Kinder unter 12 Jahren gelten laut dem BAG nicht als Treiber der Corona-Pandemie.
  • Nun widerspricht eine österreichische Studie und sieht ein «erhebliches Risiko».
  • Die Dunkelziffer bei Kindern sei vergleichbar hoch wie bei Lehrern.

«Kinder sind selten infiziert und daher nicht Treiber des Virus», sagte Daniel Koch zu Beginn der Pandemie. Der damalige «Mister Corona» des BAG zeigte sich fest überzeugt, dass Schulen ohne Risiko wieder geöffnet werden können.

Am 11. Mai war es schliesslich so weit: Die obligatorischen Schulen öffneten ihre Tore. Seither ist der Präsenzunterricht wieder erlaubt.

Coronavirus
Die Kinder-Aussagen von Daniel Koch sorgten für Verwirrung während der ersten Corona-Welle. Der Schweizer «Mister Corona» fühlte sich jedoch durch eine chinesische Studie bestätigt. - Keystone

Für die Primarschüler gelten bis heute keine Schutzmassnahmen. «Richtig so», findet Christoph Berger, Kinderarzt am Zürcher Kinderspital und Professor für Infektiologie an der Universität Zürich. Er sagte Ende Oktober zu SRF: «Das ist eine epidemiologische Forderung, welche die Kinder und ihre Welt nicht berücksichtigt.»

Das Bundesamt für Gesundheit BAG sieht es ähnlich und schlug bisher keine Maskenpflicht für unter 12-Jährige vor: «Kinder können sich zwar mit dem neuen Coronavirus anstecken. Doch Kinder unter 12 Jahren haben weniger häufig Symptome und übertragen das Virus seltener auf andere Personen.»

Studie widerspricht BAG

Eine Studie stellt das Vorgehen nun infrage. Michael Wagner, Mikrobiologieprofessor an der Uni Wien, hat das Infektionsgeschehen bei Kindern genauer unter die Lupe genommen. Mit weiteren Forschern von den Medizinischen Universitäten Graz, Linz und Innsbruck startete er Anfang Herbst im grossen Rahmen eine Schulstudie.

An 243 Schulen wurden Lehrer und Schüler zufällig für die Studienteilnahme ausgewählt und getestet.

Michael Wagner
Michael Wagner will die Schulen nicht als Hauptreiber abstempeln. - Twitter/@MichIWagner4

Wagner sagt zu Nau.ch: «Unsere Studie zeigt, dass Kinder (auch unter 10 Jahren) am Infektionsgeschehen teilnehmen. Und, dass das Infektionsgeschehen in den Schulen mit jenem in den entsprechenden Regionen korreliert.»

Zudem hätten sich Kinder unter 14 Jahren in ihrer Dunkelzifferstudie ähnlich häufig infiziert wie ihre Lehrer. «Schulen sind keine Insel der Seligen», wie Wagner bereits gegenüber dem «Spiegel» sagte. Es sei «ein erhebliches Risiko», wenn man die Schulen nicht schliesse.

Wagner: «Gesellschaftlicher Preis wäre hoch»

Wenn man Daten vieler Studien integriere, sei es laut ihm schwer vorstellbar in einer Infektionswelle die Schulen offen halten zu können. «Die Bevölkerung müsste in dieser Zeit bereit sein auf viele andere Dinge (Gastronomie, Chöre, Fitnessstudios etc.) zu verzichten.»

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Kinder während des Unterrichts in einer Primarschule im Kanton Bern. (Archivbild) - Keystone

Abschliessend erklärt Wagner, dass viele Studien zeigen würden, dass Schulschliessungen «einen stark dämpfenden Effekt auf das Pandemiegeschehen haben». Er ist sich jedoch absolut bewusst, dass «der gesellschaftliche Preis hoch wäre». Deshalb würde er Schliessungen nur «als allerletztes Mittel» einsetzen.

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