Importe in die EU treiben laut einem Bericht der Umweltorganisation WWF massgeblich die Abholzung von Tropenwäldern voran.
Luftbild einer abgeholzten Regenwaldfläche in Brasilien
Luftbild einer abgeholzten Regenwaldfläche in Brasilien - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Deutschland in EU mit Abstand für die meiste Entwaldung durch Import verantwortlich.

Die Organisation macht Einfuhren der EU-Staaten für 16 Prozent der weltweiten Zerstörung von Tropenwald im Jahr 2017 verantwortlich und ordnet die Union damit hinter China auf Platz zwei auf der «Weltrangliste der Waldzerstörer» ein, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht für die Jahre 2005 bis 2017 hervorgeht. Innerhalb der EU ist Deutschland mit Abstand für die meiste Entwaldung durch Importe verantwortlich.

Dem Bericht zufolge führt China die Liste mit 24 Prozent vor der EU sowie Indien (neun Prozent) und den USA (sieben Prozent) an. EU-intern sei die Verantwortung allerdings sehr unterschiedlich verteilt: Insgesamt gingen zwischen 2005 und 2017 80 Prozent der mit Importen verbundenen Waldzerstörung auf die acht grössten Volkswirtschaften zurück, darunter Deutschland, Grossbritannien, Italien und Spanien. Für deutsche Einfuhren würden durchschnittlich jährlich 43.700 Hektar Wald vernichtet - von 203.000 Hektar für EU-Importe insgesamt.

Am meisten tropischer Wald wurde demnach für Importe von Soja, Palmöl und Rindfleisch zerstört, gefolgt von Holzprodukten, Kakao und Kaffee. In Brasilien, Indonesien und Paraguay wurde für die EU-Importe dem Bericht zufolge am meisten Waldfläche gerodet.

Die Rodungen hatten laut WWF auch Auswirkungen auf das Klima: Durch die Abholzungen für EU-Importe seien 2017 indirekt 116 Millionen Tonnen CO2-Emissionen verursacht worden, heisst es in dem Bericht. Dies entspreche mehr als einem Viertel der EU-Emissionen aus der Landwirtschaft im selben Jahr.

Insgesamt wurden 2017 1,3 Millionen Hektar Tropenwald für den internationalen Handel abgeholzt. Zudem wurden weltweit durch die Rodungen 740 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt.

Der WWF forderte die Bundesregierung auf, sich bei der EU für ein starkes EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten einzusetzen. «Die Ära der Naturzerstörung muss enden, denn natürliche Ökosysteme wie Wälder sind unsere Lebensversicherung», erklärte die WWF-Expertin Christine Scholl. «Produkte, die auf dem europäischen Markt landen, dürfen nicht auf Kosten von Natur und Menschenrechten produziert werden.»

Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling, kritisierte, dass Europäer «von Flächen ausserhalb Europas» leben würden. Diese indirekten Emissionen würden in vielen Statistiken zu Treibhausgas-Emissionen nicht erfasst, «sie gehören aber zur ehrlichen Bilanz unseres Konsums dazu», sagte der Abgeordnete.

Häusling forderte vor diesem Hintergrund einen Stopp des geplanten Mercosur-Abkommens zwischen lateinamerikanischen Staaten und der EU. Dieses würde «die Regenwälder Südamerikas noch weiter unter Druck setzen». Die EU und die Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay hatten sich 2019 nach 20 Jahren Verhandlungen auf ein umfassendes Assoziierungsabkommen zur Bildung der grössten Freihandelszone der Welt verständigt. Vor allem wegen der grossflächigen Abholzungen und der dramatischen Waldbrände im Amazonasgebiet wird die Kritik daran aber immer lauter.

Der entwicklungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Christoph Hoffmann, nannte es «erschreckend, dass die EU ein Treiber der Waldzerstörung ist». Der Stopp der Zerstörung des Tropenwaldes müsse absolute Priorität geniessen. «Es ist unverantwortbar, dass die EU sowie Deutschland sich mit Umweltmassnahmen rühmen, aber Tropenholz abschlagen und in diesen Mengen importieren.»

Für den Bericht wurden aus der Analyse von Satellitenbildern gewonnene Daten zur Abholzung mit Untersuchungen der internationalen Handelsströme verknüpft.

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