Erstmals wird ein ehemaliger Führer der Lord's Resistance Army verurteilt. Dominic Ongwen droht nun eine lebenslange Haftstrafe.
Uganda
Dominic Ongwen, Ex-Kommandant der berüchtigten «Lord's Resistance Army» LRA, werden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in 70 Fällen zur Last gelegt, die von 2002 bis 2004 im Norden Ugandas begangen wurden. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Dominic Ongwen muss mit einer lebenslänglichen Haftstrafe rechnen.
  • Der 45-Jährige war Kommandant der Lord's Resistance Army.
  • Diese ist verantwortlich für zahlreiche Verbrechen in Uganda und Nachbarstaaten.

Ein früherer Kommandant der berüchtigten Lord's Resistance Army (LRA) ist vom Weltstrafgericht schuldig gesprochen worden. «Die Schuld von Dominic Ongwen ist zweifelsfrei bewiesen», erklärte der Internationale Strafgerichtshof am Donnerstag in Den Haag.

Ongwen wurde wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in 61 Fällen schuldig gesprochen. Darunter Mord, Verstümmelungen, sexuelle Gewalt und der Einsatz von Kindersoldaten.

Uganda
Dominic Ongwen, Ex-Kommandanten der berüchtigten «Lord's Resistance Army» LRA, steht im Gerichtssaal des Internationalen Gerichtshofs. - dpa

Konzentriert verfolgte der Angeklagte die Verlesung des Urteils, sein Gesicht zum grössten Teil von einer Mund-Nasen-Maske bedeckt. Unauffällig brauner Anzug, Schlips - wie ein gefürchteter Befehlshaber der LRA sieht er in diesem Moment nicht aus.

LRA-Chef weiterhin flüchtig

Doch die «Widerstandsarmee des Herrn» war über Jahrzehnte eine der mörderischsten Milizen in Uganda und den angrenzenden Staaten. Chefanklägerin Fatou Bensouda sprach von einem «Meilenstein auf dem Weg zur Gerechtigkeit für die Menschen in Nord-Uganda.» Denn es ist das erste Urteil gegen einen LRA-Führer.

Ongwen war einer der Stellvertreter des berüchtigten LRA-Chefs Joseph Kony, der noch immer flüchtig ist. Er hatte sich Anfang 2015 ergeben, die Vorwürfe aber als unwahr zurückgewiesen.

Uganda
Ugandas Präsident Yoweri Museveni, rechts, schaut auf ein Kind, das während eines Massakers der Lord's Resistance Army (LRA) schwer verbrannt wurde im Jahr 2004. - keystone

Nun droht ihm eine lebenslange Haftstrafe. Das Strafmass wird zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt. Ein mildernder Umstand könnte sein, dass er selbst nicht nur Täter, sondern auch Opfer der LRA war. Er war als etwa Neunjähriger auf dem Weg zur Schule verschleppt und selbst als Kindersoldat eingesetzt worden.

Verteidigung: «Er war psychisch geschädigt»

Täter oder Opfer: Das war eine der zentralen Fragen in dem rund fünf Jahre dauernden Prozess vor dem Weltstrafgericht. Er sei gezwungen worden, sagte die Verteidigung, und könne daher nicht verantwortlich sein. «Er war psychisch schwer geschädigt.»

Doch die Richter hatten keinerlei Zweifel: «Dominic Ongwen ist voll für alle Verbrechen verantwortlich», sagte der Vorsitzende Richter, Bertram Schmitt aus Deutschland. Ongwen war zum Zeitpunkt der Taten 2002 bis 2005 weit über 20 Jahre alt. Experten hätten auch keine Anzeichen einer psychischen Störung festgestellt.

«Im Gegenteil», sagte Schmitt, «er war in vollem Besitz seiner geistigen Kräfte.» Auch für Zwang gebe es keine Beweise. Er hätte in all den Jahren auch fliehen können - wie andere Kämpfer auch. «Er war keine Marionette», sagte der Richter.

Grausame Taten

Richter Schmitt schilderte die Taten, zitierte Zeugenaussagen, verlas die Namen der Opfer. Das Grauen wurde im Gerichtssaal spürbar. Da waren vier Angriffe auf Flüchtlingslager von 2002 bis 2004. Frauen, Männer, Kinder wurden ermordet.

«Sie schlossen Menschen in Hütten ein und steckten diese in Brand», hatte ein Zeuge ausgesagt. Frauen mussten ihre Babys in den Busch werfen. Kinder wurden gezwungen, andere zu töten.

Auch für «Zwangsheiraten» schuldig gesprochen

Der heute etwa 45 Jahre alte Ongwen wurde nicht nur schuldig gesprochen, weil er seiner Sinai-Brigade befohlen hatte, zu morden. Erstmals sprach das Gericht einen Angeklagten für «Zwangsheiraten» und «Zwangs-Schwangerschaften» schuldig.

Sieben junge Frauen hatte er zu seinen «sogenannten Ehefrauen» gemacht: «Sie waren sein Besitz.» Sie wurden immer wieder vergewaltigt, einige mussten seine Babys zur Welt bringen. Ongwen «belohnte» auch Kämpfer mit «Ehefrauen» - oft sehr junge Mädchen.

Vor allem die Grausamkeit gegen Kinder machte die LRA und ihren Chef Kony weltweit zu den meistgesuchten Kriegsverbrechern. Die LRA, die ursprünglich Regierungstruppen Ugandas bekämpft hatte, war 2005 aus Uganda vertrieben worden. Dann wurde sie in umliegenden Ländern aktiv.

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