US-Institut sieht Kampf gegen Ungehorsam im Moskauer Militärapparat
Nach der Absetzung mehrerer russischer Generäle sehen US-Experten darin einen breiten Kampf gegen den herrschenden Ungehorsam im Moskauer Militärapparat.

Das Wichtigste in Kürze
- Putin hat mehrere ranghohe Militärs absetzen lassen.
- US-Experten sehen darin ein strenges Vorgehen des Kremls gegen Abweichler.
- Die Zersetzung der russischen Befehlskette in der Ukraine beschleunige sich.
Nach der Absetzung mehrerer russischer Generäle sehen US-Experten einen breiten Kampf gegen den Ungehorsam im Moskauer Militärapparat. Genau so wie um die Informationshoheit im Krieg gegen die Ukraine.
Die Generalmajors Wladimir Seliwjorstow und zuvor sein Kollegen Iwan Popow waren zuvor entlassen worden. Dies lege nahe, dass sich die «Zersetzung der russischen Befehlskette in der Ukraine beschleunigt». Das hiess es in einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien ISW in Washington am Samstag (Ortszeit).

Offiziell hat sich das Verteidigungsministerium in Moskau wie auch in anderen Fällen nicht geäussert. Die ISW-Experten gehen aber davon aus, dass der erst im Juni beförderte Generalmajor die Kriegsführung kritisiert hatte. Popow hatte seine Absetzung selbst mitgeteilt.
Die US-Experten sehen aktuell eine Säuberung des Militärapparats von nicht loyalen Kräften. Demnach sind Verteidigungsminister Sergej Schoigu und sein Generalstabschef Waleri Gerassimow dabei, sich dieser Offiziere zu entledigen. «Wachsender Ungehorsam wird wahrscheinlich die bestehende Spaltung vertiefen», hiess es in der Analyse.
Säuberungswelle nach Prigoschin-Verrat
Hintergrund ist der am 24. Juni rasch wieder beendete Aufstand der russischen Privatarmee Wagner gegen den Militärapparat. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hatten Schoigu und Gerassimow Unfähigkeit vorgeworfen. Prigoschin hat auch in den regulären Truppen Anhänger.

Der Kreml versuche zudem, die vor allem über den Nachrichtendienst Telegram verbreiteten Informationen und Enthüllungen unter Kontrolle zu bekommen. Dort hatten frühere russische Geheimdienstoffiziere immer wieder Insiderkenntnisse verbreitet, die als Kritik am Moskauer Apparat aufgenommen wurden.
Laut ISW-Analyse tobt bei Telegram zwischen den verschiedenen Interessensgruppen ein Kampf um Meinungshoheit und Einfluss. Dies vor dem Hintergrund von Russlands Misserfolgen im Krieg in der Ukraine.
Als Beispiel nannten sie die Festnahme des früheren Geheimdienstlers Michail Poljakow, der mehrere populäre Telegram-Kanäle gesteuert haben soll. Den Experten zufolge könnte auch die Festnahme des stellvertretenden Ministers für Digitalisierung, Maxim Parschin, damit im Zusammenhang stehen. Diesem wird Korruption vorgeworfen.