Russland schränkt freie Internet-Nutzung weiter ein
Russland schränkt den Internetzugang weiter ein: Wer nach als «extremistisch» eingestuften Inhalten sucht, riskiert bis zu 5'000 Rubel Strafe.

Unter Androhung von Geldstrafen hat das russische Parlament den Zugang zu Internetseiten weiter massiv eingeschränkt. Für die Suche nach Informationen, die die Behörden als «extremistisch» eingestuft haben, drohen künftig bis zu 5.000 Rubel (etwa 51 Franken) Strafe.
Als «extremistisch» gebrandmarkt sind dabei vor allem auch Internetressourcen, die den Machtapparat kritisieren, wie der Anti-Korruptions-Fonds des in Haft gestorbenen Kremlgegners Alexej Nawalny.
Bisher gab es in Russland keine gesetzliche Regelung, die die freie Suche nach Informationen behindert hätte. Verboten war lediglich die Schaffung «extremistischer Inhalte» und deren Verbreitung. Die Abgeordneten der Staatsduma nahmen das Gesetz in zweiter und entscheidender Lesung trotz breiter Kritik mit klarer Mehrheit an. Eine dritte Lesung gilt als Formalie.
Angenommen wurde auch eine Gesetzesänderung, mit der Werbung für VPN unter Strafe gestellt wird. Diese verschlüsselten Datenverbindungen ermöglichen einen Zugang auch zu den in Russland blockierten Internetseiten. Wer dafür Werbung macht, dem drohen künftig bis zu einer halben Million Rubel Strafe. Die VPN selbst sind allerdings weiterhin nicht verboten.
Breite Kritik an Gesetzesänderungen
Die Initiative sorgt seit Tagen in der russischen Gesellschaft für Aufregung. Kremlsprecher Dmitri Peskow räumte ein, dass es angesichts der Resonanz Klärungsbedarf gebe. Allerdings erklärte er unlängst auch, dass es aktuell eine beispiellose Zensur in Russland gebe, weil sich das Land im Informationskrieg mit seinen Gegnern befinde.
Kremlkritische Medien schrieben von der schlimmsten Verschärfung der Kontrolle des Internets seit Jahren. Kommentatoren sprachen von einer «Kriminalisierung» des Lesens im Netz, von einer neuen Stufe der Zensur im Kampf gegen Andersdenkende. Experten warnten, dass den Behörden und Geheimdiensten damit neue Instrumente der Willkür für eine Überwachung und Verängstigung der Bevölkerung an die Hand gegeben würden.
Befürworter beschwichtigen
Dagegen behaupteten die Unterstützer der Initiative, es gehe nicht darum, nun massenhaft Internetnutzer zu verfolgen. Sie verwiesen darauf, dass es in erster Linie um die Provider und die technischen Dienste gehe, die einen Zugang zu solchen Informationen ermöglichten. In Russland werden auch die sich häufenden Probleme mit dem mobilen Internet in Verbindung damit gebracht, dass Mobilfunkanbieter Seiten und Dienste sperren.
Damit die Gesetzesänderungen in Kraft treten, müssen sie noch durch den Föderationsrat – das Oberhaus. Danach ist auch noch die Unterschrift von Präsident Wladimir Putin nötig.