Unesco: Corona-Krise verschärft Bildungs-Ungleichheit
Mehr als eine Viertelmilliarde Kinder weltweit haben keinen Zugang zu Bildung, und die Corona-Krise hat diese Lage noch verschärft: Zu diesem Schluss kommt die Unesco in ihrem am Dienstag in Paris veröffentlichten Weltbildungsbericht.

Das Wichtigste in Kürze
- Fast 260 Millionen Kinder haben keinen Zugang zur Bildung.
Auch Deutschland hat demnach noch Nachholbedarf bei der Chancengleichheit.
Insgesamt waren in der Corona-Krise nach Angaben der UN-Kulturorganisation mehr als 90 Prozent aller Lernenden weltweit von Schulschliessungen betroffen. Während sich in Deutschland die Klagen über Hausunterricht und verzögerte Schulöffnungen mehren, ist die Lage andernorts deutlich dramatischer. Der Unesco zufolge leisteten 40 Prozent der ärmsten Länder während der Pandemie gar keine Unterstützung für mittellose oder besonders gefährdete Schüler.
Dies habe die Ungleichheit noch verschärft, die bereits vor der Krise gross gewesen sei, heisst es in der Studie mit dem Titel «Inklusion und Bildung», die auf Daten aus dem Jahr 2018 basiert.
Danach hatten fast 260 Millionen Kinder und Jugendliche in der Welt gar keinen Zugang zu Bildungsangeboten - das entspricht rund 17 Prozent aller Minderjährigen im Schulalter. Das Hauptproblem war Armut. Aber auch Faktoren wie Geschlecht, Herkunft oder Behinderungen führten oft zum Ausschluss.
Die Erfahrung lehre, dass «Gesundheitskrisen viele Menschen zurücklassen können», betonte Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay. Dies gelte besonders für «die ärmsten Mädchen, von denen viele vielleicht nie wieder in die Schule zurückkehren werden».
In mindestens 20 Ländern - die meisten von ihnen in Afrika südlich der Sahara - hätten Mädchen auf dem Land nahezu keine Chancen, eine weiterführende Schule abzuschliessen, heisst es in der Studie. Die UNO hat sich eigentlich zum Ziel gesetzt, bis 2030 jedem Jugendlichen die Möglichkeit eines mittleren Bildungsabschlusses zu garantieren.
Die Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, Michelle Müntefering, erklärte, Inklusion beinhalte das Versprechen, dass alle die gleichen Chancen hätten, unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Beeinträchtigungen. «Doch davon sind wir leider noch immer weit entfernt.»
Walter Hirche vom Vorstand der deutschen Unesco-Kommission betonte: «In Deutschland haben wir in den vergangenen Jahren bereits viel erreicht. Aber die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf lernt noch immer separiert, statt den Unterricht an allgemeinen Schulen zu besuchen. Das müssen wir ändern.»
Das Bundesentwicklungsministerium verwies auf ein mit 25 Millionen Euro dotiertes «Corona-Sofortprogramm» aus dem eigenen Haus. Die Regierung wirke «damit insbesondere den verheerenden Folgen, die diese Pandemie auf die globale Bildung hat, entgegen», erklärte die Parlamentarische Staatssekretärin Maria Flachsbarth (CDU).
Die Bundesregierung betonte unter Verweis auf den Bericht, dass nicht nur Staaten der Inklusion Grenzen setzen, sondern auch die Gesellschaft. «So stellt der Weltbildungsbericht fest, dass 59 Prozent aller Eltern in Hongkong und 15 Prozent in Deutschland befürchten, dass Kinder mit Behinderungen das Lernen anderer Schülerinnen und Schüler stören würden», heisst es in der Erklärung.