Nach der Geldstrafe und 14-stündigem Verhör drohen der Aktivistin, welche im TV gegen den Ukraine-Krieg protestierte, nun auch 15 Jahre Gefängnis.
Im Video ist die Protestaktion im russischen TV zu sehen. - Twitter @DavidLammy
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am Montag protestierte die Redakteurin Marina Ovsyannikova im russischen Staatsfernsehen.
  • Nach einem 14-Stunden-Verhör wurde die Aktivistin zu einer Geldstrafe verurteilt.
  • Aber: Es könnten noch bis zu 15 Jahre Gefängnis obendrauf kommen.

Ihr Aufritt sorgte weltweit für Aufsehen: Die russische TV-Redakteurin Marina Ovsyannikova protestierte am Montag während einer Live-Sendung des russischen Staatsfernsehens gegen den Ukraine-Krieg. Mitten während der Berichterstattung tauchte sie hinter der Moderatorin auf und hielt eine Botschaft in die Kamera.

Kurz darauf verschwand die TV-Aktivistin. Auch ihre Anwälte wussten nicht, wo sie sich aufhielt, bis am Nachmittag Klarheit herrschte: In Moskau musste sich die 43-Jährige vor dem Bezirksgericht Ostankino verantworten. Die Strafe: Eine Busse von 30'000 Rubel, was umgerechnet 264 Franken entspricht.

Die ausgesprochene Geldstrafe richtete sich jedoch gegen ein Video, das Ovsyannikova kurz vor dem TV-Protest veröffentlichte. Darin bezeichnet sie den Ukraine-Krieg als «Verbrechen». Russland sei der Aggressor und Putin alleine dafür verantwortlich.

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Ob Ovsyannikova auch für die Unterbrechung der Nachrichtensendung angeklagt wird, ist bislang ungewiss. Nach einem neuen Gesetz in Russland ist es strafbar, den Ukraine-Krieg als solchen und nicht als Militäroperation zu bezeichnen. Übeltätern drohen bis zu 15 Jahre Gefängnis.

Am Montag meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass, dass das russische Untersuchungskomitee ein Verfahren gegen die Redakteurin eröffnet hat.

Kein Schlaf und 14 Stunden im Verhör

Erst gestern Abend durfte Ovsyannikova das Gerichtsgebäude wieder verlassen. Gegenüber mehreren Medien sagte sie: «Das Verhör dauerte mehr als 14 Stunden. Ich durfte keinen Kontakt zu meiner Familie oder meinen Freunden aufnehmen, und der Zugang zu einem Anwalt wurde mir verwehrt.»

Nur eine Freundin war über ihr Vorhaben informiert. «Es war meine Entscheidung gegen den Krieg. Ich habe diese Entscheidung allein getroffen, weil ich es nicht gut finde, dass Russland diese Invasion begonnen hat.» Sie wolle sich nach zwei Tagen ohne Schlaf nun etwas ausruhen.

Präsident Selenskyj bedankt sich für TV-Protest gegen Ukraine-Krieg

In einer Videoansprache am Dienstag richtete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen besonderen Dank an Ovsyannikova. Er sei «den Russen dankbar, die nicht aufhören zu versuchen, die Wahrheit zu vermitteln».

Wolodymyr Selenskyj
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj während seiner regelmässigen Ansprache an die Nation im Ukraine-Krieg. - Keystone

Das Staatsoberhaupt weiter: «Besonders möchte ich der Frau danken, die in das Fernsehstudio mit einem Schild gegen den Krieg eingedrungen ist.»

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