Ukraine Krieg: Dürfen Russen auf dem Rückzug beschossen werden?

Etienne Sticher
Etienne Sticher

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Im Ukraine-Krieg beschiessen Ukrainer sich zurückziehende Russen. Dies dürfen sie, solange der Feind nicht kapituliert. Dann wäre er Kriegsgefangener.

Ukraine Krieg
Russische Einheiten ziehen sich bei Cherson zurück, die Ukraine verabschiedet die Invasoren mit Beschuss. (Archivbilder) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Russland suggeriert, dass Ukrainer sich zurückziehende Russen widerrechtlich beschiesst.
  • Doch gemäss dem Kriegsvölkerrecht gilt auch ein Rückzug als Kampfhandlung.
  • Privilegien erhalten nur kapitulierende Russen, sie gelten als Kriegsgefangene.

Krieg bringt Zerstörung und Tod, doch auch dann ist nicht alles erlaubt: Das internationale Kriegsvölkerrecht definiert, wie Kriegsparteien miteinander und mit Zivilisten umgehen dürfen. Es verbietet etwa Angriffe auf Zivilisten sowie Folterung und Misshandlung von Gefangenen. Russland hat mit aller grösster Wahrscheinlichkeit im Ukraine-Krieg gegen dieses Recht verstossen – und wirft nun der Ukraine Gesetzesverstösse vor.

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Eine Soldatin posiert vor einem «Cherson»-Zeichen. Die Region wurde im Ukraine-Krieg zu grossen Teilen zurückerobert. - Keystone

In Russland ist die Rede, dass die Ukrainer den sich zurückziehenden Russen aus der Region Cherson «in den Rücken fallen». Damit wird suggeriert, dass die Verteidiger die Invasoren auf dem Rückzug unrechtmässig unter Beschuss nähmen.

Doch Angriffe auf Soldaten, die auf dem Rückzug sind, verstossen nicht gegen das Kriegsvölkerrecht. Dies bestätigt ETH-Experte Marcel Berni gegenüber dem «Redaktions-Netzwerk Deutschland» (RND). «Diese Soldaten haben sich nicht ergeben. Ergo gilt das Kriegsvölkerrecht, dass es den Ukrainern erlaubt, kämpfende Invasoren auf ihrem eigenen Staatsgebiet zu bekämpfen.»

Marcel Berni
Marcel Berni ist Strategieexperte an der Militärakademie (MILAK) an der ETH Zürich. - Schweizer Armee

Ein Rückzug sei auch Teil der Kampfhandlung. Ob eine Bewegung offensiv oder defensiv ist, spiele keine Rolle. Die sich zurückziehenden Russen hätten also keine speziellen Privilegien.

Soldaten würden erst dann geschützt, wenn sie sich ergeben hätten. Dafür bedarf es aber einer eindeutigen Handlung: das Erheben der Hände, das Wegwerfen der Waffe, das Hissen einer weissen Flagge oder eine deutliche Botschaft. «Eine Kapitulation ist mit einer Abgabe der Waffe verbunden und kommt damit einer Aufgabe gleich», so Berni.

Ukraine-Krieg: Russland will mit Desinformation Niederlage kaschieren

Nach der Kapitulation seien die Soldaten Kriegsgefangene. Sie dürften gemäss der Genfer Konvention nicht mehr angegriffen werden. Sie müssten interniert und gut behandelt werden.

Die russische Desinformations-Kampagne, nach der Ukrainer Russen widerrechtlich angriffen, richtet sich gemäss Berni nach innen. Damit wolle Moskau wohl dem Volk die «angeblich unzivilisierte ukrainische Kriegstaktik» illustrieren und die militärische Niederlage bei Cherson kaschieren.

Verfolgen Sie die neuesten Entwicklungen im Ukraine-Krieg?

Russland hat im Ukraine-Krieg den Rückzug aus Cherson angetreten. Die Ukraine ist zuletzt immer nähergekommen, hat Ortschaft um Ortschaft zurückerobert. Die Region Cherson ist kurz nach dem Beginn des Ukraine-Krieges eingenommen worden.

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