Türkisches Berufungsgericht bestätigt Urteile gegen «Cumhuriyet»-Mitarbeiter
Im Verfahren gegen die türkische Zeitung «Cumhuriyet» hat ein Berufungsgericht am Dienstag die Urteile gegen frühere Journalisten und Mitarbeiter des regierungskritischen Blatts bestätigt.

Das Wichtigste in Kürze
- Mehrere Journalisten müssen zurück ins Gefängnis.
Das Gericht in Istanbul wies den Einspruch der 14 Angeklagten zurück, die im vergangenen April zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren. Mehrere von ihnen müssen nun zurück ins Gefängnis. Amnesty International bezeichnete das Urteil als «politisch motiviert».
Im April vergangenen Jahres hatte ein Gericht in Istanbul 14 von 17 Angeklagten wegen der Unterstützung verschiedener Terrororganisationen zu Haftstrafen zwischen zweieinhalb und acht Jahren verurteilt. Unter den Verurteilten waren der Herausgeber Akin Atalay, der Chefredakteur Murat Sabuncu und der Kolumnist Kadri Gürsel. Das Istanbuler Berufungsgericht bestätigte am Dienstag nun sämtliche Haftstrafen.
Jene Angeklagten wie Atalay und Sabuncu, die mehr als fünf Jahre erhielten, können noch Einspruch vor dem Kassationsgericht einreichen und bleiben solange auf freiem Fuss. Laut «Cumhuriyet» müssen jedoch sechs frühere Mitarbeiter mit Haftstrafen unter fünf Jahren ins Gefängnis zurückkehren, um den Rest ihrer Strafe zu verbüssen. Dies betrifft unter anderem den international bekannten Karikaturisten Musa Kart.
Kart beschuldigte die Regierung, das Urteil des Gerichts angeordnet zu haben. «Die Regierung hat gesagt: 'Werft den Karikaturisten wieder ins Gefängnis!'», schrieb Kart im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Er sehe nun «den Weg des Gefängnisses» erneut vor sich.
Der Vertreter von Reporter ohne Grenzen in der Türkei, Erol Önderoglu, wertete die Entscheidung als Beleg, dass die Behörden «entschlossen sind, mit ihrer Strafaktion bis zum Schluss zu gehen». Der Türkeiexperte Andrew Gardner von Amnesty International erklärte, das Urteil «zeige erneut, wie politisch motivierte Prozesse und inkohärente Urteile einfach durch ebenso parteiische Berufungsurteile bestätigt werden».
«Cumhuriyet» zufolge müssen der Kolumnist Kadri Gürsel und der Anwalt Bülent Utku im Gegensatz zu anderen Angeklagten wegen der Länge ihrer Untersuchungshaft nicht zurück ins Gefängnis. Die meisten Angeklagten hatten mehrere Monate in U-Haft verbracht, bevor sie für die weitere Dauer des Prozesses freigelassen wurden.
Die «Cumhuriyet»-Mitarbeiter waren im Oktober 2016 unter dem Vorwurf festgenommen worden, die islamische Gülen-Bewegung, die kurdische PKK-Guerilla und die linksextreme Gruppierung DHKP-C zu unterstützen. International wurde der Prozess gegen die links-nationalistische Zeitung als politisch motivierter Versuch der islamisch-konservativen Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisiert, eine der letzten kritischen Stimmen zum Schweigen zu bringen.
Allerdings war der Prozess zuletzt nicht das einzige Problem der traditionsreichen Zeitung. Nachdem es schon lange einen internen Kampf um die Ausrichtung des Blatts gegeben hatte, setzte sich im vergangenen September der ultranationalistische Flügel durch. Nach einem Wechsel in der Führung der Zeitung gab es eine Welle von Entlassungen und Kündigungen, in deren Zuge auch die meisten Angeklagten das Blatt verliessen.