An der Belarus-Polen Grenze stecken tausende Migranten fest. Nun hat die EU nun den Flugverkehr aus der Türkei eingeschränkt – durch weitere Sanktionen.
Grenze Belarus Polen
Tausende Flüchtlinge befinden sich derzeit an der Grenze von Belarus zu Polen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die EU schränkt den Flugverkehr über die Türkei nach Belarus ein.
  • Tausende Migranten stecken an der Belarus-Polen-Grenze fest.
  • Belarussischer Machthaber will sie, als Rache für Sanktionen, in die EU schleusen.

Die Türkei lässt Staatsbürger mehrerer arabischer Länder nicht mehr von ihrem Staatsgebiet aus nach Belarus fliegen. Grund dafür sind Sanktionsdrohungen der EU. Menschen mit syrischen, irakischen und jemenitischen Pässen dürften bis auf Weiteres keine Tickets mehr kaufen. Sie können nicht mehr an Bord gehen, teilte die zivile Luftfahrtbehörde der Türkei am Freitag mit.

Nach EU-Angaben gibt es auch ein Verbot, One-Way-Tickets für Flüge aus der Türkei in die belarussische Hauptstadt Minsk zu verkaufen. Die Europäische Union hatte zuvor Strafmassnahmen gegen Fluggesellschaften angedroht. Diese treffen ein, wenn die Flüge Migranten mit der Absicht der illegalen Einreise in die EU nach Belarus befördern.

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Blick auf die Grenze zwischen Polen und Belarus. - Keystone

Vor allem an der Grenze zwischen Belarus und Polen war die Lage am Freitag weiter äusserst angespannt. Tausende Menschen aus Ländern wie Syrien oder dem Irak sitzen dort auf belarussischer Seite fest. Sie warten auf eine Chance, illegal die Grenze zur EU zu überqueren.

Lukaschenko räche sich für Sanktionen

Die EU hofft, dass durch die neuen Massnahmen der Türkei der Zustrom von Menschen deutlich verringert werden kann. Diese kommen oft aus armen oder konfliktreichen Ländern nach Belarus. Die EU sieht nach Angaben aus Brüssel auch vor: Die staatliche belarussische Fluggesellschaft Belavia darf das Netzwerk von Turkish Airlines nicht mehr für den Mittleren Osten nutzen. Belarus wollte so Reisende über Istanbul nach Belarus fliegen.

Der Führung in Minsk wird von der EU vorgeworfen, gezielt Migranten ins Land zu holen. Danach sollen sie zur Weiterreise in die EU an die Grenze zu Polen gebracht werden. Die Vermutung ist, dass sich Machthaber Alexander Lukaschenko damit für Sanktionen rächen will. Diese hat die EU wegen der Unterdrückung der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition erlassen.

Neben Polen ist auch Deutschland stark von den Entwicklungen betroffen. Dies liegt daran, dass ein Grossteil der Migranten, der es über die Grenze nach Polen schafft, nach Deutschland weiterreist.

Die Lage bleibt angespannt

Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze hat sich seit Wochenbeginn dramatisch verschlechtert. Tausende Migranten machten sich von belarussischer Seite aus auf den Weg in Richtung EU. Polnische Sicherheitskräfte schritten nach nicht unabhängig überprüfbaren Polizeiangaben auch am Donnerstagabend und Freitag mehrfach ein, um illegale Grenzübertritte zu verhindern.

In der Nähe des Ortes Kuznica hätten belarussische Soldaten versucht, eine Migrantengruppe gewaltsam über die Grenze zu drängen. Die Gruppe habe rund 35 Menschen gezählt. So zitierte die Agentur PAP den örtlichen Polizeisprecher Tomasz Krupa.

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Migrantenlager an der polnisch-belarussischen Grenze - BELTA/AFP

Unter den Migranten waren demnach überwiegend Frauen und Kinder. Rund 15 000 polnische Soldaten bewachen laut Verteidigungsministerium inzwischen die östliche EU-Aussengrenze zu Belarus.

Flüchtlinge ohne Hab und Gut

Tragische Szenen gab es am Freitag am Istanbuler Flughafen. Nach Augenzeugenberichten wurden dort mehrere Menschen aus den Schlangen vor den Schaltern gezogen. Ein kurdischer Iraker beklagte sich bei einer Journalistin etwa, er könne nun nicht nach Belarus reisen; er habe aber all sein Hab und Gut bereits verkauft.

EU-Ratspräsident Charles Michel bedankte sich unterdessen auf Twitter bei den türkischen Behörden für ihre «Unterstützung und Zusammenarbeit». Diplomaten räumten jedoch ein, dass die Zugeständnisse Ankaras erst nach der Einigung der EU-Staaten auf ein neues Sanktionsinstrument erzielt wurden.

Dabei ging es um Sanktionen gegen Beteiligte an illegalen Schleuseraktivitäten. Es soll am kommenden Montag bei einem EU-Aussenministertreffen formell beschlossen werden. Im nächsten Schritt könnten dann konkrete Strafmassnahmen verhängt werden.

Starker Druck auf Fluggesellschaften

Druck übte die EU zuletzt unter anderem auf Fluggesellschaften wie Royal Air Maroc, Emirates, Air Arabia aus. Ebenso auf Etihad, Egypt Air, Flydubai und Iraqi Airways. Sie alle seien zuletzt kontaktiert worden und hätten erklärt, dass sie gegen jede Form von Menschenhandel seien. Das erklärte ein Kommissionssprecher am Freitag.

Zumindest keine schlechten Nachrichten für die EU kamen am Freitag auch aus Russland. Das Land garantierte sichere Energielieferungen, nachdem Lukaschenko zuvor gedroht hatte, über Belarus laufende Gaslieferungen zu blockieren.

«Russland war, ist und wird immer ein Land sein, das seine Verpflichtungen zur Gasversorgung der europäischen Verbraucher erfüllt». Dies sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Die «zuverlässigen Lieferungen» erfolgten unabhängig von den Handlungen Minsks. Das dortige Aussenministerium warnte am Freitag die EU erneut vor Strafmassnahmen und drohte eine «harte Reaktion» an.

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