Tschechischer Wahlsieger Babiš strebt Minderheitsregierung an
Nach dem Wahlsieg seiner ANO-Bewegung plant der tschechische Rechtspopulist und Milliardär Andrej Babiš eine Minderheitsregierung unter seiner Führung.

Nach seinem Sieg bei der Parlamentswahl in Tschechien strebt der Rechtspopulist und Milliardär Andrej Babiš eine alleinige Minderheitsregierung unter der Führung seiner Partei ANO an. «Wir werden uns um eine einfarbige Regierung bemühen», sagte der 71-Jährige am Wahlabend in Prag.
Er will demnach über eine Tolerierung mit zwei Kleinparteien, den sogenannten Motoristen sowie der Freiheit und direkte Demokratie des Tschecho-Japaners Tomio Okamura verhandeln. Die ANO-Bewegung des Ex-Regierungschefs Babiš wurde bei der am Samstag zu Ende gegangenen Abstimmung stärkste Kraft.
Für heute hat Präsident Petr Pavel den Beginn von Konsultationen mit allen Parteivorsitzenden über eine Regierungsbildung angekündigt. Als erster ist Babiš auf die Prager Burg eingeladen.
Deutliche Mehrheit für Rechtspopulisten
Im Wahlkampf versprach der gebürtige Slowake einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine, niedrigere Steuern und billigere Energie. Er lehnt den Asyl- und Migrationspakt ebenso wie den Green Deal der EU ab.
Die Oppositionspartei ANO kam nach Auszählung aller Wahlbezirke auf 34,6 Prozent der Stimmen, wie aus den offiziellen Daten der Statistikbehörde CSU hervorging. Das ist ein Plus von fast siebeneinhalb Prozentpunkten im Vergleich zu 2021. Die ANO verfügt künftig über 80 der 200 Sitze im Abgeordnetenhaus.
Das Mitte-Rechts-Bündnis Spolu (Gemeinsam) des Regierungschefs Petr Fiala stürzte auf 23,3 Prozent der Stimmen ab (2021: 27,8). Die bisher mitregierende Bürgermeisterpartei erhielt 11,2 Prozent.
Glückwünsche von Orbán
Auf EU-Ebene ist die ANO von der liberalen Fraktion Renew Europe zu den rechtspopulistischen bis rechtsextremen Patrioten für Europa gewechselt. Dort sitzt sie in einer Reihe mit der Fidesz von Viktor Orbán aus Ungarn, der FPÖ aus Österreich und RN Marine Le Pens aus Frankreich.
«Die Wahrheit hat gesiegt», schrieb Orbán bei X und sprach von einem «grossen Schritt» für Tschechien. Der als prorussisch geltenden slowakische Regierungschef Robert Fico gratulierte Babiš telefonisch zu seinem Wahlsieg.
Weiterer Kurs unklar
Offen ist, welche Zugeständnisse Babiš den möglichen Königsmachern für eine Tolerierung seiner künftigen Regierung machen müsste.
Die Freiheit und direkte Demokratie (SPD) fordert nicht nur die Möglichkeit eines Referendums über den Austritt aus EU und Nato, was Babis ablehnt, sondern auch die Rückführung der mehr als 383'000 ukrainischen Flüchtlinge in ihre Heimat.
Die Partei kam auf rund 7,8 Prozent der Stimmen. Die Motoristen verlangen unter anderem ein Rückrudern beim Verbrenner-Aus ab 2035. Die neue Autofahrerpartei kam auf 6,8 Prozent.