Tschechien: Babiš plant «einfarbige Regierung» nach 35-Prozent-Sieg
Nachdem seine Partei mit knapp 35 Prozent die Wahlen in Tschechien gewonnen hat, strebt der rechtspopulistische Milliardär Babiš eine Minderheitsregierung an.

Der Rechtspopulist und Milliardär Andrej Babiš will nach seinem Sieg bei der Parlamentswahl in Tschechien mit seiner Partei ANO allein regieren. «Wir werden uns um eine einfarbige Regierung bemühen», sagte der Ex-Regierungschef.
Für Europa dürfte Babis ein schwieriger Partner werden: Im Wahlkampf versprach er einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine, die «Zerstörung» des sogenannten Green Deals – also des Programms für eine klimaneutrale EU – und ein Ende des europäischen Migrations- und Asylpakets.
Babiš gilt als Freund des EU-kritischen ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán und bewundert offen den US-Präsidenten Donald Trump. Seine Oppositionsbewegung ANO wurde mit knapp über 34,5 Prozent der Stimmen stärkste Kraft, wie am Sonntag aus dem Endergebnis der Wahlkommission hervorging. Er strebt nun eine Minderheitsregierung an.
Gespräche auf Prager Burg
Noch am Wahlabend begann der 71-Jährige mit Gesprächen über eine Tolerierung mit zwei Parteien am rechten Rand des politischen Spektrums, den sogenannten Motoristen und der Freiheit und direkte Demokratie von Tomio Okamura.
Präsident Petr Pavel empfing Babiš am Sonntag auf der Prager Burg zu ersten Gesprächen. Der Ex-Nato-General erteilte Babis aber noch nicht den Regierungsauftrag. Die ANO verfügt künftig über 80 der 200 Sitze im Abgeordnetenhaus.
Das Mitte-Rechts-Bündnis Spolu (Gemeinsam) des liberalkonservativen Regierungschefs Petr Fiala stürzte auf 23,4 Prozent der Stimmen ab (2021: 27,8). Die bisher mitregierende Bürgermeisterpartei erhielt 11,2 Prozent und die oppositionellen Piraten kamen auf knapp neun Prozent. Die Beteiligung war mit 69 Prozent höher als bei der Parlamentswahl 2021.
Keine Waffen für die Ukraine
Babiš hat wiederholt einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert. Das würde das Aus für eine erfolgreiche tschechische Granaten-Initiative bedeuten.
Seit dem Start des Projekts vor anderthalb Jahren wurden bereits rund 3,5 Millionen Schuss grosskalibriger Munition an Kiew geliefert. Zu den Geldgebern zählt auch Deutschland.
Die Regierungsparteien hatten den Schwerpunkt ihres Wahlkampfs auf die Bedrohungen durch Russland gelegt. Doch Babiš warf ihnen Panikmache vor. «Ich weiss nicht, aus welcher Richtung die russischen Panzer kommen sollten», sagte er.
Rechts aussen in Europa
Auf EU-Ebene ist die ANO von der liberalen Fraktion Renew Europe zu den rechtspopulistischen bis rechtsextremen Patrioten für Europa gewechselt.
Dort sitzt sie in einer Reihe mit der Fidesz von Ungarns Regierungschef Orbán, der FPÖ aus Österreich und dem Rassemblement National (RN) Marine Le Pens aus Frankreich.
«Die Wahrheit hat gesiegt», schrieb Orbán bei X und sprach von einem «grossen Schritt» für Tschechien. Der slowakische Regierungschef Robert Fico, dem Kritiker einen zu russlandfreundlichen Kurs vorwerfen, gratulierte Babiš telefonisch zu seinem Wahlsieg.
Duldung durch Rechtsextreme und Autofahrer
Offen ist, welche Zugeständnisse Babiš den möglichen Königsmachern für eine Tolerierung seiner künftigen Regierung machen muss.
Die Freiheit und direkte Demokratie (SPD) fordert nicht nur die Möglichkeit eines Referendums über den Austritt aus EU und Nato, was Babis ablehnt, sondern auch die Rückführung der mehr als 383'000 ukrainischen Flüchtlinge in ihre Heimat. Die Partei kam auf rund 7,8 Prozent der Stimmen.
Die Motoristen verlangen ein Rückrudern beim Verbrenner-Aus ab 2035. Die neue Autofahrerpartei kam auf 6,8 Prozent.
Ein teuer erkaufter Sieg?
Nach Ansicht von Beobachtern stand für viele Wähler die Sorge um den eigenen Geldbeutel im Fokus. Die jährliche Inflationsrate lag zwar zuletzt bei 2,5 Prozent, hatte aber 2023 zweistellige Werte erreicht. Die ANO versprach niedrigere Steuern und billigere Energie.
«Andrej Babiš wird es überhaupt nicht leicht fallen, seine Versprechen zu erfüllen, und er wird viel Geld dafür brauchen», schrieb die Zeitung «Pravo» in einem Kommentar.
Doch in der Wahlkampfzentrale des Milliardärs herrschte erst einmal ein wenig Bierzeltstimmung: «Heute werden wir feiern», sagte Babiš
. Dann tanzte und sang er zu den Klängen des italienischen Popsongs «Sarà perché ti amo» («Das ist, weil ich dich liebe»).