Eine mutmassliche Spionage für Russland könnte die österreichische FPÖ vor den Wahlen ins Wanken bringen.
Herbert Kickl
Der FPÖ-Chef, Herbert Kickl. (Archivbild) - Keystone

Wenige Monate vor der Nationalratswahl in Österreich könnte die bisher in Umfragen deutlich führende rechte FPÖ nach Ansicht eines Polit-Experten erstmals seit Monaten in die Defensive geraten.

Die aktuelle Debatte um mutmassliche Spionage zugunsten Russlands durch einen ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter berge einige Brisanz für die oft als Moskau-nahe bezeichneten Rechtspopulisten, sagte der Wiener Polit-Berater Thomas Hofer der Deutschen Presse-Agentur. «Das Thema hat Potenzial, wenn die Ermittlungen den Verdacht des Geheimnisverrats weiter erhärten.»

Der ehemalige Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) soll vor, während und nach der Amtszeit des einstigen Innenministers und heutigen FPÖ-Chefs Herbert Kickl in Hunderten Fällen vertrauliche Personendaten an Moskau geliefert haben. Der Verdächtige wurde jüngst festgenommen, sitzt in Untersuchungshaft und bestreitet die Vorwürfe.

Hofer: Vorwürfe passten in das allgemein gezeichnete Bild

Zwar sei das Innenministerium und damit das damalige BVT seit 20 Jahren fast immer in der Hand der konservativen ÖVP gewesen, sagte Hofer. Allerdings passten die neuen Vorwürfe sehr in das allgemein gezeichnete Bild, dass die FPÖ vor und nach dem Einmarsch der Russen in die Ukraine politisch eng mit Moskau verbandelt sei.

«Auch wenn noch kein substanzieller Verlust bei Wählerstimmen droht, könnte doch die Erzählung der anderen Parteien vom ‹Sicherheitsrisiko› Kickl spätestens bei Koalitionsverhandlungen verfangen», sagte Hofer. Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat schon mehrfach angedeutet, dass er nicht automatisch den Chef der stimmenstärksten Partei mit der Regierungsbildung beauftragen müsse.

Kickls Aussage vor dem Untersuchungsausschuss

Es sei jedenfalls ein Zeichen von Defensive, dass die FPÖ die Bedeutung des 2016 geschlossenen Freundschaftsvertrags mit der Partei des russischen Präsidenten Wladimir Putin «Einiges Russland» zu relativieren beginne, sagte der Politberater weiter. Der ehemalige FPÖ-Parteichef Norbert Hofer hatte am Mittwoch erklärt, dieser Vertrag sei von beiden Seiten nie mit Leben gefüllt worden. Wohl auch um die Bedeutungslosigkeit des Vertrags für die FPÖ zu unterstreichen, berichtete Hofer, dass man den Vertrag zunächst nicht mehr habe finden können.

FPÖ-Chef Kickl wird am Donnerstag vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum mutmasslichen Machtmissbrauch durch SPÖ und FPÖ als Zeuge erwartet. Die Abgeordneten hatten angekündigt, Kickl auch zur aktuellen Affäre befragen zu wollen. Im Herbst wird in Österreich ein neues Parlament gewählt. Die FPÖ liegt laut Umfragen mit rund 27 Prozent in Front, vor SPÖ und ÖVP mit jeweils etwa 21 Prozent.

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