Die SPD will Menschen ab 50 mehr Arbeitslosengeld 1 gewähren.
Andrea Nahles im Bundestag
Andrea Nahles im Bundestag - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Reformpläne von Nahles stossen bei Union und FDP auf Widerspruch.

Ab diesem Alter sollten die Beitragszahlerjahre besser anerkannt werden, sagte Nahles den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Mittwoch. Wer 58 Jahre alt sei, solle statt der derzeitigen 24 Monate künftig 33 Monate lang ALG I erhalten. Union und FDP kritisierten den Vorstoss der SPD-Chefin.

In Einzelfällen könne die Bezugsdauer sogar auf drei Jahre steigen, sagte Nahles. Eine Frühverrentungswelle solle aber verhindert werden, indem Abfindungen voll angerechnet würden. Die Kosten der Reformen seien überschaubar, sagte die SPD-Partei- und Fraktionschefin. Die Qualifizierungsmassnahmen und der längere Bezug von Arbeitslosengeld I würden von der Arbeitslosenversicherung finanziert. «Deren Kassen sind voll, das Geld ist da», so Nahles.

Die SPD will auf einer Vorstandsklausur von Sonntag bis Montag über ihr Konzepte zur Sozialstaatsreform beraten. Nahles bekräftigte ihre Pläne, Hartz IV abzuschaffen und durch ein «Bürgergeld» zu ersetzen, dessen Empfänger in den ersten zwei Jahren praktisch keine Sanktionen fürchten müssen. Das verlängerte Arbeitslosengeld I hinzugerechnet, könnten Arbeitslose bis zu fünf Jahre sanktionsfrei leben.

Der Staat solle «als Partner» fünf Jahre lang für «Halt und Perspektive» sorgen - vom Arbeitslosengeld I über Qualifizierungsangebote bis zur Übergangsphase beim Bürgergeld.

«Der Vorschlag stellt das gut austarierte System von Fordern und Fördern infrage», sagte Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) den RND-Zeitungen vom Donnerstag. «Es droht sogar zu kippen.» Der CSU-Arbeitsmarktexperte Stephan Stracke bezeichnete die Pläne von Nahles als «arbeitsmarktpolitisches Armutszeugnis». Die SPD setze auf die Finanzierung von Arbeitslosigkeit. «Das ist mit uns nicht zu machen», sagte Stracke.

Die Mittel der Arbeitslosenversicherung sollten genutzt werden, um Menschen so schnell wie möglich aus der Arbeitslosigkeit herauszubringen, erklärte der FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel. Dafür müsse es mehr Investitionen in die Qualifikation geben.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer erklärte, am Prinzip des Förderns und Forderns dürfe «nicht gerüttelt» werden. «Die Gesellschaft muss solidarisch mit Schwächeren umgehen, aber Solidarität ist keine Einbahnstrasse.» Jeder sei verpflichtet, nach Kräften auch seinen Teil zu einer erfolgreichen Arbeitsaufnahme beizutragen.

Rückendeckung erhielt Nahles von SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach. «Die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I ist in einer sich ändernden Erwerbswelt entscheidend», er der Berliner «Tageszeitung» (Donnerstagsausgabe). «Ein Facharbeiter, der durch einen Roboter ersetzt wird, muss keine Angst mehr haben, schnell in die Grundsicherung zu stürzen.»

Das Forum «Demokratische Linke 21» in der SPD forderte weiterreichende Reformen. «Ich erwarte von meiner Partei, dass sie radikal mit dem Hartz-System bricht», erklärte die Vorsitzende Hilde Mattheis. Das heisse konkret: «Abschaffung der Sanktionen, Anhebung der Regelsätze, Verlängerung des Arbeitslosengeldes I und Einführung einer Kindergrundsicherung.»

Linksfraktionsvize Susanne Ferschl erklärte: «Von einer grundlegenden Erneuerung des Sozialstaats kann keine Rede sein.» Ihre Partei fordere, dass nicht nur Ältere, sondern alle Beschäftigten von einer längeren ALG-1-Bezugsdauer profitieren sollten. Prekäre Beschäftigung müsse konsequent zurückgedrängt, der Mindestlohn auf wenigstens zwölf Euro erhöht werden, so Ferschl.

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