Die Römisch-katholische Kirche Frankreichs hat über Jahre Kinder und Jugendliche sexuell genötigt. Ein Bericht sorgt für Empörung.
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Die römisch-katholische Kirche des Kantons Jura und das Bistum Basel haben ein Strafverfahren gegen einen Pastoralmitarbeiter eingeleitet. (Symbolbild) - POOL/AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Bericht über die römisch-katholische Kirche deckt unzählige sexuelle Missbräuche auf.
  • Seit 1950 sollen Kirchenvertreter über 216'000 Opfer missbraucht haben.
  • Eine unabhängige Kommission hat in Paris einen Bericht vorgestellt.

Etwa 216'000 Minderjährige wurden seit 1950 Opfer sexuellen Missbrauchs von Priestern und Ordensleuten. Das geht aus einem am Dienstag in Paris vorgestellten Bericht einer unabhängigen Untersuchungskommission hervor.

Die Zahl der Opfer steigt gemäss dem Bericht gar auf 330'000. Dies, wenn Missbrauchstaten von Laien hinzugerechnet werden, die etwa in katholischen Schulen oder Jugendgruppen tätig waren. Der Papst zeigte sich bestürzt.

«Entsetzlichen Realität», sagt der Papst

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Eric de Moulins-Beaufort, nannte das Ausmass der sexuellen Gewalt «unerträglich». «Ich zeige hier meine Scham, mein Erschrecken und meine Entschlossenheit, zu handeln», sagte er. «Ich möchte um Verzeihung bitten», fügte er mit Blick auf die Opfer hinzu. Die Bischofskonferenz hatte den Bericht gemeinsam mit der Konferenz der Ordensleute in Auftrag gegeben und öffentlich in Empfang genommen.

Papst Franziskus sprach von einer «entsetzlichen Realität». Er denke «mit unermesslichem Schmerz» an das Leid der Opfer, erklärte sein Sprecher Matteo Bruni. Der Papst danke den Betroffenen für «ihren Mut», über die Taten zu sprechen. Er hoffe, dass die römisch-katholische Kirche in Frankreich «den Weg der Erlösung einschlagen kann».

Papst Benedikt XVI.
Papst Franziskus fordert in seiner Osterbotschaft «Frieden» für den Nahen Osten. - Keystone

Die Untersuchungskommission verwies auf das bislang nicht bekannte Ausmass des Missbrauchs. «Diese Zahlen sind erschreckend und dürfen auf keinen Fall folgenlos bleiben», sagte Kommissionsleiter Jean-Marc Sauvé. Etwa 80 Prozent der Opfer seien Jungen gewesen, die meisten im Alter zwischen 10 und 13 Jahren.

Römisch-katholische Kirche hat das Problem lange ignoriert

Sexuellen Missbrauch gebe es auch in anderen Institutionen. Aber die römisch-katholische Kirche sei nach Familien- und Freundeskreisen «das Milieu, wo sexuelle Gewalt am häufigsten vorkommt», betonte Sauvé.

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Chef der Untersuchungskommission, Jean-Marc Sauvé - AFP/Archiv

Die Kommission kritisierte den Umgang der katholischen Kirche mit den Opfern scharf. «Bis Anfang der 2000er Jahre gab es eine totale und grausame Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern», sagte Sauvé.

Den Betroffenen sei nicht geglaubt oder ihnen unterstellt worden, selber beteiligt gewesen zu sein. Es sei nur in seltenen Fällen eine Entschädigung gezahlt worden. Und dann auch nur, um das Schweigen zu erkaufen, sagte Sauvé. «Die Kirche hat es nicht sehen oder wissen wollen», betonte er.

Nicht alle Fälle sind bekannt

Mehr als die Hälfte der Fälle sei zwischen 1950 und 1969 passiert. Die Zahl der Übergriffe sei in den vergangenen Jahren zurückgegangen. «Aber man muss sich von der Idee verabschieden, dass das Problem beseitigt sei. Das Problem besteht fort», betonte Sauvé.

Die Kommission geht von mindestens 2900 bis 3200 Tätern im Zeitraum von 1950 bis 2020 aus. Dies sei lediglich eine «minimale Schätzung», da viele Fälle nicht bekannt geworden seien.

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