Freispruch

Peter Steudtner hält Freispruch im Prozess gegen ihn in der Türkei für möglich

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Deutschland,

Der deutsche Aktivist Peter Steudtner hält einen Freispruch in dem umstrittenen Prozess gegen ihn und zehn weitere Menschenrechtsaktivisten in der Türkei für möglich.

Peter Steudtner
Peter Steudtner (2. v. r.). - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Anwalt von Menschenrechtsaktivist will Freitag Schlussplädoyer halten.

«Es gibt immerhin die Möglichkeit, dass nach Recht entschieden wird, darauf bauen wir auf», sagte Steudtner bei einer Videokonferenz am Dienstag. In Istanbul wird am Freitag mit einem Urteil gerechnet. Den Angeklagten drohen wegen «Terrorismus»-Vorwürfen bis zu 15 Jahre Haft.

Angesichts des aufwändigen Prozesses, der seit Oktober 2017 läuft, schliesst Steudtner jedoch nicht aus, dass das türkische Gericht Verurteilungen ausspricht. «Für mich ist völlig unklar, was das Gericht am Freitag entscheiden wird. Natürlich könnte es auch eine Gesichtswahrungsentscheidung geben», sagte er. Hoffnung mache ihm aber, dass es in der Vergangenheit in der Türkei trotz möglichen Drucks auf Richter auch Entscheidungen gegeben hätte, die zu Freisprüchen führten.

Steudtner wird dem Prozess fernbleiben. Er will nach eigenen Angaben die Türkei erst wieder besuchen, wenn es im Land für oppostionelle Journalisten und Menschenrechtsaktivisten sicherer ist. «Da werde ich sehr vorsichtig sein müssen», sagte er.

Steudtner betonte, dass der Prozess auf falschen Beweisen beruhe. «Dieser Prozess zielt weiterhin auf die Behinderung unserer Menschenrechtsarbeit. Er ist extrem anstrengend und Kräfte bindend, nicht nur für uns Angeklagte, sondern auch für unsere Unterstützer und Familien.»

Steudtners Anwalt Murat Deha Boduroglu kündigte bei der Videkonferenz an, am Freitag das Schlussplädoyer zu halten. Die Verteidigung werde eine konkrete Urteilsbegründung des Gerichts verlangen, um die «absurden Beschuldigungen der Staatsanwaltschaft zu korrigieren».

Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International Deutschland, bewertete eine mögliche Verurteilung als «Tabubruch» in der fast 60-jährigen Bestehensgeschichte von Amnesty Internatioal. Es wäre dann das erste Mal, dass Vertreter von internationalen Menschenrechtsorganisationen wegen ihrer Arbeit «verfolgt, inhaftiert und auch verurteilt wurden».

Den Unmut der türkischen Regierung über die Reisewarnung Deutschlands für die Türkei wegen der Corona-Pandemie sollte die Bundesregierung ausnutzen, sagte Beeko. «Um in aller Deutlichkeit dafür einzutreten, dass die Türkei auch für Vertreter internationaler Menschenrechtsorganisationen, Journalisten und Anwälte sicher sein sollte.»

Janine Uhlmannsiek, Europa-Expertin bei Amnesty International in Deutschland, bezeichnete den Prozess als politisch motiviert. Die Vorwürfe seien zum Teil längst durch eigene Beweise der türkischen Polizei entkräftet worden. «Trotzdem hat die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussplädoyer an den Vorwürfen festgehalten, als hätten die vergangenen elf Prozesstage gar nicht stattgefunden», sagte Uhlmannsiek.

Zehn der elf Menschenrechtsaktivisten waren im Juli 2017 während eines Workshops auf der Insel Büyükada bei Istanbul festgenommen worden. Der Menschenrechtsanwalt Taner Kilic wurde separat in Izmir verhaftet. Erst später wurden die beiden Verfahren zusammengelegt. Kilic ist Ehrenvorsitzender der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in der Türkei. Unter den Angeklagten ist zudem die ehemalige türkische Amnesty-Direktorin Idil Eser. Amnesty prangert die Beschuldigungen als «haltlos» an.

Bei der ersten Anhörung im Oktober 2017 wurden alle Angeklagten bis auf Kilic auf freien Fuss gesetzt. Steudtner und der Schwede Ali Gharavi kehrten daraufhin in ihre Heimatländer zurück, nachdem sie fast vier Monate inhaftiert waren. Kilic kam erst nach 14 Monaten frei.

Für Steudtner, Gharavi und drei weitere Angeklagte hatte die türkische Staatsanwaltschaft im November 2019 einen Freispruch beantragt. An den Vorwürfen gegen Kilic, Eser und vier Mitangeklagte hielt sie dagegen fest.

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