Nawalny in abgelegenem Straflager in der Polarregion aufgetaucht

Alexej Nawalny ist nun doch aufgetaucht, nachdem der Kreml-Gegner und bekannteste Häftling Russlands wochenlang verschwunden war. Laut Kollege Iwan Schdanow wurde er schliesslich entdeckt. Das schrieb Schdanow auf X.

Der 47-jährige Nawalny befindet sich derzeit im Straflager IK-3 in Charp, einem Ort im abgelegenen Norden Russlands. Schdanow beschreibt das Lager als eine der entlegensten und nördlichsten Kolonien überhaupt. Zudem berichtet er, dass ein Anwalt ihn dort besucht und Alexej gesehen habe.

Schdanow betonte die extrem harten Bedingungen in dieser Einrichtung, wo Dauerfrost herrscht. Die Erreichbarkeit sei äusserst schwierig, da keine Briefzustellungen an das Lager erfolgen.

«Es war von Anfang an klar, dass die Behörden Alexej isolieren wollten, insbesondere vor den Wahlen. Sein Aufenthaltsort wurde verheimlicht. Es gab eine vollständige Informationssperre über ihn. Selbst heute sagt der Oberste Gerichtshof, er wisse nicht, wo er sich aufhalte», schreibt Schdanow weiter.

Das Nawalny-Team habe 618 Anträge gestellt und jedes Untersuchungsgefängnis durchsucht. Das sei nur ein kleiner Teil der Suche nach dem 47-Jährigen gewesen.

Die Situation von Alexej Nawalny sei «ein anschauliches Beispiel dafür, wie das System mit politischen Gefangenen umgeht». Und wie es versuche, diese «zu isolieren und zu unterdrücken».

Nawalny ist unter anderem wegen angeblichem Extremismus zu 19 Jahren Haft verurteilt worden. Er führt immer wieder Klagen gegen den Strafvollzug wegen Verletzung seiner Rechte. Der Putin-Gegner nutzt die Gerichtsauftritte zur Kritik an Putins autoritärem System. Zuletzt war er zu den Verhandlungen nicht mehr zugeschaltet worden.

Die Sorge um den 47-Jährigen war zuletzt auch deshalb gross, weil er gesundheitlich angeschlagen ist. Mitarbeiter des Strafvollzugs hatten bei Gerichtsprozessen nur mitgeteilt, dass Nawalny nicht mehr im Straflager IK-6 sei. Dieses ist rund 260 Kilometer östlich von Moskau im Gebiet Wladimir.

Die Kreml-Gegner um Nawalny hatten Anfang Dezember auch die Kampagne «Russland ohne Putin» begonnen. Mit dieser rufen sie Wähler vor der Präsidentenwahl dazu auf, durch die Stimmabgabe für andere Kandidaten ihren Protest zu äussern. Putin tritt zum fünften Mal bei der Abstimmung an, mögliche Mitbewerber gelten als chancenlos.

Nawalny, der 2020 auch einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt hatte, ist seit fast drei Jahren in Haft. Er wurde international als politischer Gefangener anerkannt.