Ein Abrüstungsabkommen des Kalten Krieges über atomare Mittelstreckenraketen wurde von Russland gebrochen. Dessen ist sich die NATO sicher.
Die russische Armee stellt während einer Ausstellung bodengestütze Raketen aus.
Das Abrüstungsabkommen über nukleare Kurz- und Mittelstreckenwaffen soll von Russland gebrochen worden sein, ist sich die Nato sicher. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Nato hat Russland vorgeworfen, gegen den INF-Vertrag verstossen zu haben.
  • Das Interesse der Nato und der USA an einem solchen Vertrag ist allerdings fraglich.

Die Nato-Staaten haben Russland erstmals geschlossen vorgeworfen, mit neuen Marschflugkörpern gegen den INF-Abrüstungsvertrag über atomare Mittelstreckenwaffen zu verstossen. Man rufe Russland auf, sofort und nachweisbar wieder volle Vertragstreue herzustellen, teilte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstagabend nach Beratungen der Aussenminister in Brüssel mit.

Mit der Erklärung soll Russland eine letzte Gelegenheit erhalten, die von der Nato vermutete Missachtung der Regeln des Vertrags zu beenden. Wenn es dies nicht tut, könnte auf Bündnisebene zum Beispiel ein Ausbau der Raketenabwehr in Europa beschlossen werden. Sollte Russland nicht einlenken, hätte dies auch zur Folge, dass die USA den INF-Vertrag mit politischer Rückendeckung der anderen Alliierten kündigen könnten.

Vorgehen als Kompromiss

Das geplante Vorgehen gilt als Kompromiss unter den Nato-Partnern. US-Präsident Donald Trump hatte eigentlich bereits im Oktober angekündigt, den INF-Abrüstungsvertrag wegen neuer russischer Marschflugkörper vom Typ 9M729 aufkündigen zu wollen. Nato-Partner wie Deutschland befürchten allerdings, dass dies ein fatales Signal wäre und ein neues Wettrüsten auslösen könnte.

Der INF-Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (Intermediate Range Nuclear Forces) wurde 1987 zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion geschlossen. Er verpflichtet beide Seiten zur Abschaffung aller landgestützten ballistischen Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 5500 Kilometern. Zugleich untersagt er auch die Produktion und Tests solcher Systeme.

Kein grosses Interesse am Vertrag

Die USA werfen Russland seit längerem vor, mit der Entwicklung eines Marschflugkörpers mit dem Namen 9M729 (Nato-Code: SSC-8) gegen den Vertrag zu verstossen. Russland dementiert das und hat im Gegenzug auch den USA schon mehrfach einen Vertragsbruch vorgeworfen. Ein Einlenken Moskaus gilt deswegen als sehr unwahrscheinlich.

In europäischen Militärkreisen wird allerdings vermutet, dass auch die USA kein grosses Interesse an einem Erhalt des Vertrags haben. Er verpflichtet nämlich nur Russland und sie selbst zum Verzicht auf die atomaren Mittelstreckenwaffen. Andere aufstrebende Militärmächte wie China können sie weiter entwickeln. Ziel der USA könnte es deswegen sein, das INF-Abkommen durch einen neuen multilateralen Vertrag zu ersetzen. Alternativ könnten sie zur Abschreckung von Gegnern selbst neue landgestützte Mittelstreckensysteme bauen.

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