Luxemburger Studentin zieht in deutsches Seniorenheim
Im südwestdeutschen Trier ist eine Studentin in eine Seniorenresidenz gezogen. Sie wohnt mietfrei – dafür, dass sie mit den Bewohnern Zeit verbringt.

Das Wichtigste in Kürze
- Anne Bourgmeyer kann gratis in einem deutschen Seniorenheim wohnen.
- Als Gegenleistung verbringt die Studentin aus Luxemburg Zeit mit den Senioren.
Anne Bourgmeyer ist gerade von ihrer Vorlesung an der Uni nach Hause gekommen. Und schon spielt sie mit vier über 80-jährigen Damen ein Zahlenplättchenspiel. Denn die Studentin hat ihre Wohnung in einer Seniorenresidenz in Trier (D). Dort wohnt sie seit Anfang Januar in einem ganz besonderen WG-Projekt: Sie muss keine Miete zahlen – dafür, dass sie mit den Senioren Zeit verbringt.
«Ich finde das einfach toll», sagt die 21-jährige Luxemburgerin. «Von alten Menschen lernt man so viel. Ich habe schon so viele interessante Geschichten von ihnen gehört.» 35 Stunden im Monat soll die Erstsemesterin in der «Residenz am Zuckerberg» mit den Bewohnern reden, spielen, auf den Wochenmarkt gehen – oder was ihr sonst noch einfällt.
Ein Weg aus der Einsamkeit
«Es geht einfach darum, dass wir Leben in dieses Haus bringen», sagt Geschäftsführerin Andrea Cremer. Und zwar in einem «ganz natürlichen Miteinander» – neben dem normalen Programm, das es sowieso gebe. «Gerade junge Leute gehen in ihrer Unbefangenheit ganz anders auf die Menschen zu. Das finde ich total genial», fügt die kaufmännische Leiterin Nicole Caspers hinzu, die das Konzept entwickelt hat.

Klar sei das Studi-Programm auch «gegen die Einsamkeit» gedacht. «Viele Bewohner, die hier einziehen, werden entwurzelt. Sie müssen hier neu Fuss fassen», sagt Caspers. Sie könnten sich in der Residenz zwar persönlich einrichten, seien aber oft alleine.
WG erhält Zuwachs
Bald kommt noch mehr studentisches Leben in das Heim, das insgesamt 167 Bewohner zählt. Denn ab Anfang Februar sollen noch drei weitere Studierende einziehen. Insgesamt zwei grosse Wohnungen (je 76 Quadratmeter) mit je zwei Zimmern für je zwei Studenten seien vorgesehen, sagt Cremer. Ausserdem hätten sich im Zuge des WG-Projekts etliche Studenten gemeldet, die sich ehrenamtlich einbringen wollten, ohne im Haus zu wohnen. «Finde ich super», meint Cremer.
Die Idee für die «Residenz-WG» hat Caspers aus den Niederlanden: Da gebe es ein ähnliches Projekt, mit dem gleichen Ziel: Dem «Grijze Druk» (dem grauen Druck) entgegenzuwirken und eine immer älter werdende Gesellschaft bunter zu gestalten. Nach der Recherche von Cremer ist die Trierer WG in ihrer Form in Deutschland die erste.
Senioren ziehen daraus Profit
Hans Jürgen Heppner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, ist vom Ansatz des Projektes begeistert. «Der Kontakt mit jungen Leuten ist für ältere Menschen extrem wichtig.» Junge, agile Menschen könnten Senioren «losreissen». «Dann werden sie geistig rege: Man bleibt einfach in Action», sagt der Chefarzt der Geriatrischen Klinik und Tagesklinik in Schwelm (Nordrhein-Westfalen). Und: Es sei ein idealer Weg aus der Einsamkeit.