Lettland: Erneute Proteste gegen Austritt aus Frauenschutz-Abkommen
In Riga sind Tausende Menschen gegen einen möglichen Austritt Lettlands aus der Istanbul-Konvention auf die Strasse gegangen.

In Lettlands Hauptstadt Riga sind erneut Tausende Menschen gegen einen möglichen Ausstieg des baltischen EU-Landes aus der sogenannten Istanbul-Konvention auf die Strasse gegangen. Mit Plakaten, Sprechchören und Liedern forderten die Demonstranten den Verbleib Lettlands im Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
Nach Polizeiangaben nahmen mindestens 10'000 Menschen an der Kundgebung auf dem Domplatz teil. Damit war es eine der grössten Demonstrationen der vergangenen Jahre in Lettland. Auch in anderen Städten und vor lettischen Botschaften im Ausland sollten Proteste gegen den Rückzug aus der Konvention stattfinden.
Lettlands Parlament hatte den Ausstieg in der Vorwoche mehrheitlich beschlossen. Dagegen hatte Präsident Edgars Rinkevics aber sein Veto eingelegt – und den Beschluss zur erneuten Beratung an die Abgeordneten zurückverwiesen. Zuvor hatte es wiederholt Demonstrationen gegen den geplanten Austritt gegeben und eine entsprechende Petition wurde von Zehntausenden Menschen unterzeichnet.
Auch internationale Besorgnis über Entscheidung
Auch Botschafter mehrerer EU-Länder – darunter Deutschland – äusserten ihre Besorgnis. Nach der verweigerten Zustimmung des Präsidenten entschied das Parlament in Riga am Mittwoch, die Beratungen über die Istanbul-Konvention auf die Zeit nach den turnusgemässen Parlamentswahlen im Oktober 2026 zu verschieben.
Damit wird sich erst die neugewählte Volksvertretung wieder mit der Frage beschäftigen, ob Lettland sich weiter zu dem Abkommen bekennt oder daraus aussteigt. Nach Einschätzung von Beobachtern dürfte das Thema aber in der öffentlichen Debatte und im Wahlkampf weiter eine Rolle spielen.
Debatte um traditionelle Familienwerte
Gegner sehen durch das Vertragswerk eine Ideologie gefördert, die traditionelle Familienwerte in Lettland untergrabe. Frauenrechtsorganisation dagegen befürchten, dass die Aufkündigung den Schutz von Frauen und die Bemühungen um die Gleichstellung der Geschlechter schwächt.
Lettland hatte die 2011 ausgearbeitete Konvention nach langer Debatte erst im Vorjahr ratifiziert – sie war am 1. Mai 2024 in dem Baltenstaat in Kraft getreten. Der Ostseestaat wäre das erste EU-Land, das sich aus dem Übereinkommen zurückzieht.










