Das Wettlesen um den Bachmann-Preis findet auch dieses Jahr online statt, startet allerdings mit einer technischen Panne. Julia Weber schockiert mit ihrem Text.
Lesereigen Klagenfurt
Die Schweizer Schriftstellerin Julia Weber. - sda - Keystone/GAETAN BALLY
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bachmann-Preis wird auch dieses Jahr wieder online verliehen.
  • Die aufgezeichneten Videos der Autoren mussten aber gegen eine technische Panne kämpfen.
  • Der Text von Schweizer Autorin Julia Weber spaltete die Jury.

Die Schweizer Schriftstellerin Julia Weber hat mit ihrem Text «Ruth» das Wettlesen um den Bachmann-Preis eröffnet. Der Lesereigen begann allerdings mit einer technischen Panne. Webers, wie bei allen 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorab aufgezeichnete, Lesung konnte zunächst nicht abgespielt werden. 3sat sendete stattdessen minutenlang eine Doku über die Karnischen Alpen, ehe der Start im zweiten Anlauf klappte.

Pandemiebedingt sind die Autorinnen und Autoren nicht in Klagenfurt anwesend, aber bei der live im ORF-Theater stattfindenden Jurydiskussion zugeschaltet. Die in Zürich lebende Julia Weber, deren Romandebüt «Immer ist alles schön» 2017 erschien, war von Michael Wiederstein eingeladen worden.

Webers Text handelt von Liebeserlebnis

Ihr Text handelt von einer feengleichen jungen Frau, die Menschen anspricht: «Komm doch mit!» Darauf antworten manche: «Bist du wirklich, oder habe ich mir dich gewünscht?»

«Erfunden? Ich bin wirklich, sage ich, ich bin Ruth. Und wenn ich bei den Menschen bin, dann wird es Sommer in ihnen», lautet die Antwort.

Eine Frau folgt ihr von der Bushaltestelle weg. Und hat mit Ruth in der Folge ein ausführlich beschriebenes, erfüllendes, am Ende bezahltes und offenbar nachhaltiges Liebeserlebnis. Denn bei einer Wiederbegegnung erzählt sie von ihrem seltsamen, als befreiend erlebten Verhalten bei einer anschliessenden Firmen-Geburtstagsfeier. Bei dem tunkte sie den Kopf in die Torte.

Nava Ebrahimi
Helga Schubert, Autorin aus Deutschland, spricht in dem Studio, in dem letztes Jahr der Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen wurde. - dpa

Die Jurydiskussion wurde von den beiden Neo-Jurorinnen begonnen: Die österreichische Schriftstellerin Vea Kaiser und die deutsche Literaturwissenschafterin Mara Delius fanden die Sexszenen sehr gelungen. Kaiser kritisierte jedoch das «zu langsame Tempo» und den zu starken Gegensatz der beiden Frauen.

Die neue Juryvorsitzende Insa Wilke hielt den Text für sehr gelungen und für eine «Engelsgeschichte». Brigitte Schwens-Harrant entdeckte eine sehr körperliche «Bekehrungsgeschichte», aber zu viele Fragen. Keine Bekehrung, sondern eine Befreiung, fand Michael Wiederstein, der mehr die Jury als die Autorin kritisierte. Er hatte Weber schliesslich nominiert.

Philipp Tingler übte starke Kritik aus

Radikal dagegen hielt der schweizerisch-deutsche Schriftsteller und Literaturkritiker Philipp Tingler, der den Text «unglaublich verstaubt», «zutiefst durchschnittlich» und hermetisch fand. Danach las die in Leipzig lebende Deutsche Heike Geissler ihren Text «Die Woche».

«Morgen wache ich auf und dann beginnt das Leben» hiess der Text des deutschen Autors und Theatermachers Necati Öziri. Er ist Dramaturg beim Berliner Theatertreffen und wurde ebenfalls von Insa Wilke eingeladen. Und den Nachmittag bestritten die Wiener Autorin Magda Woitzuck und die Salzburger Autorin und Performerin Katharina J. Ferner.

Die Lesungen werden am Freitag - unter anderem mit dem Schweizer Autor Lukas Maisel - und am Samstag fortgesetzt. Am Sonntagvormittag findet schliesslich die Preisvergabe der 45. Tage der deutschsprachigen Literatur statt. Im Vorjahr gewann die deutsche Autorin Helga Schubert den Ingeborg-Bachmann-Preis.

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