Lecornu: Wie es zum Rücktritt nach nur 27 Tagen als Premier kam
Frankreichs Premierminister Lecornu reichte überraschend früh seinen Rücktritt ein. Der Hauptgrund liegt im Streit der Kabinettsbesetzung.

Sébastien Lecornu hat nach nur 27 Tagen im Amt das Handtuch geworfen. Er ist damit der kürzeste amtierende Premierminister Frankreichs.
Präsident Emmanuel Macron akzeptierte den Rücktritt am Montag, wie das «ZDF» berichtet. Doch was führte zu diesem beispiellosen politischen Scheitern so kurz nach der Ernennung?
Streit um Ministerposten löste Krise aus
Der Hauptgrund für Lecornus Rücktritt liegt im heftigen Streit über die Kabinettsbesetzung. Von 18 Ministern der Vorgängerregierung sollten 13 auch unter Lecornu weitermachen.
Parteichef Bruno Retailleau forderte mindestens ein Drittel der Posten für seine Républicains. Er fühlte sich von Lecornu getäuscht.
Besonders irritiert zeigten sich die Konservativen über die Nominierung von Bruno Le Maire. Der frühere Wirtschaftsminister trägt laut der «NZZ» Mitverantwortung für den explodierenden französischen Staatshaushalt.
Fehlende Kompromissbereitschaft als Kernproblem
Lecornu selbst nannte die mangelnde Kompromissbereitschaft als zentralen Rücktrittsgrund. «Man kann nicht Premierminister sein, wenn die Bedingungen nicht erfüllt sind».

Die Parteien verhielten sich, als hätten alle eine absolute Mehrheit im Parlament, so Lecornu.
Beispielsweise knüpften die Sozialisten ihre Unterstützung an harte Bedingungen, wie die Rücknahme der Rentenreform. Die radikale Linke und Le Pens Rassemblement National verweigerten gar jegliche Zusammenarbeit, berichtet die «NZZ».
Drohendes Misstrauensvotum beschleunigte Entscheidung
Opposition und rechte Parteien hatten mit einem Misstrauensvotum gedroht, schreibt «Euronews». Hintergrund ist der Streit über den Haushalt für 2026.
Die Konservativen kündigten für Montagmorgen eine Sondersitzung an, um über einen Rückzug zu beraten.

Lecornu kam der drohenden Eskalation mit seinem Rücktritt zuvor. Er sprach von einer «unlösbaren politischen Gleichung» und erkannte sein drohendes Scheitern.
Macron beauftragt Lecornu mit letzten Verhandlungen
Präsident Macron erteilte dem zurückgetretenen Premier überraschend einen neuen Auftrag. Lecornu soll bis Mittwoch mit allen Parteien über eine Stabilitätsplattform verhandeln. Danach wird er sein Amt endgültig niederlegen.
Frankreich steht mit über 3,3 Billionen Euro (3 Billionen Franken) Schulden am Rand seiner Handlungsfähigkeit. Die Renditen französischer Staatsanleihen stiegen am Montag deutlich an.