Wahlkrimi bei der Berliner AfD: Am Ende hat Überraschungskandidatin Brinker knapp die Nase vorn. Doch die Partei präsentiert sich tief gespalten.
Beatrix von Storch gratuliert der neuen Landesvorsitzenden der Berliner AfD, Kristin Brinker (r). Foto: Christoph Soeder/dpa
Beatrix von Storch gratuliert der neuen Landesvorsitzenden der Berliner AfD, Kristin Brinker (r). Foto: Christoph Soeder/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Berliner AfD wird künftig von Kristin Brinker geführt.

Auf einem Parteitag in Paaren bei Berlin setzte sich die 49-jährige Finanzexpertin der Abgeordnetenhausfraktion denkbar knapp und erst im vierten Wahlgang gegen die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch durch.

Nachdem es in drei Wahlgängen ein Patt gab und keine Kandidatin die nötige Mehrheit hatte, stimmten beim vierten Anlauf 122 Delegierte für Brinker und 120 für von Storch. Ein Delegierter lehnte beide Kandidatinnen ab, zwei enthielten sich.

Zuvor hatten die Delegierten mit knapper Mehrheit eine Doppelspitze abgelehnt und für einen Vorsitzenden oder eine Vorsitzende votiert. Von Storch und der Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Georg Pazderski, wollten eine Doppelspitze bilden. Pazderski trat dann gar nicht erst zur Wahl an. Er hatte den AfD-Landesverband 2016 bis 2017 gemeinsam mit von Storch und anschliessend bis Januar 2020 als alleiniger Landeschef geleitet.

Seither hatte die Berliner AfD keinen regulär gewählten Vorstand und wurde kommissarisch von dem Europaabgeordneten Nicolaus Fest geführt. Mehrfach musste sie geplante Parteitage absagen, weil sie keine Räume fand. Schliesslich wich sie ins Umland aus.

Brinker wird dem liberal-konservativen Lager zugerechnet und gilt schon länger als Gegnerin Pazderskis. Der gibt sich gern gemässigt und wähnt den AfD-Landesverband im bürgerlichen Lager. Zu Brinkers erklärten Unterstützern zählen Vertreter diverser Strömungen bis hin zum offiziell aufgelösten «Flügel» um den Rechtsaussen und Thüringer AfD-Chef Björn Höcke.

Im Juni 2020 hatte Brinker mit weiteren AfD-Abgeordneten in einem Brief kritisiert, in der von Pazderski geleiteten Fraktion herrsche ein «Klima des Misstrauens und der Destruktivität». Hintergrund waren unter anderem Streit und rechtliche Auseinandersetzungen um die Finanzen der Fraktion und über ein Gutachten eines Wirtschaftsprüfers dazu. Im August 2020 trat Brinker als Fraktionsvize zurück.

Auf dem Parteitag sagte Brinker, sie wolle im Superwahljahr «frischen Wind» in die Partei bringen und alle Strömungen der AfD mit ins Boot nehmen. Die AfD - derzeit fünftstärkste von sechs Fraktionen im Berliner Landesparlament - müsse geschlossen in den Wahlkampf für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zum Bundestag am 26. September gehen.

Pazderski bezeichnete Brinkers Wahl als «nicht zufriedenstellend». «Denn Frau Brinker hat in den vergangenen Monaten nicht nur in der Fraktion viel Porzellan zerschlagen und die Partei so nachhaltig gespalten. Das zeigt auch das äusserst knappe Ergebnis», sagte er auf dpa-Anfrage. Brinker müsse nun Wunden kitten, in kürzester Zeit federführend drei Parteitage und den Wahlkampf für Bundestag und Abgeordnetenhaus organisieren.

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