André Ventura feierte den überwältigenden Erfolg seiner rechtspopulistischen Partei Chega in Portugal. Beobachter prophezeien aber bereits eine baldige Neuwahl.
Andre Ventura
Andre Ventura, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei Chega, spricht zu seinen Anhängern nach der Bekanntgabe der Ergebnisse der portugiesischen Parlamentswahlen in Lissabon. Foto: Joao Henriques/AP/dpa - sda - Keystone/AP/Joao Henriques

André Ventura hüpfte hinter dem Rednerpult und grinste wie ein Honigkuchenpferd, als er den überwältigenden Erfolg seiner rechtspopulistischen Chega bei der Parlamentswahl in Portugal feierte.

«Sieg, Sieg, Sieg», skandierte er zusammen mit Anhängern am frühen Montagmorgen in einem Hotel in Lissabon. Die vom früheren TV-Sportkommentator erst 2019 gegründete Partei belegte zwar «nur» Platz drei hinter dem konservativen Bündnis AD und den zweitplatzierten Sozialisten (PS).

In Portugal gibt es – ähnlich wie in Deutschland gegenüber der AfD – weiterhin eine sogenannte Brandmauer nach rechts. Das Problem ist, dass Montenegro ohne Unterstützung von Ventura mit kleineren Parteien nur eine schwache Minderheitsregierung wird bilden können. Beobachter prophezeien deshalb bereits eine baldige Neuwahl.

«Schwarzes Szenario»

«Chaos, Chega-Explosion und ein Land, das sich nur schwer wird regieren lassen», titelte die renommierte Zeitung «Público». Der Schriftsteller und Journalist Miguel Sousa Tavares (71), einer der angesehensten Intellektuellen des Landes, fasste im Interview des TV-Senders CNN Portugal in wenigen Worten das zusammen, was seine meisten Mitbürger – von den Chega-Wählern abgesehen – nun wohl denken: «Schlimmer hätte es nicht kommen können.»

Das Blatt «Expresso» sieht «ein Land am Rande des Nervenzusammenbruchs». «Schwarzes Szenario» und «Wir sehen uns bald an den Urnen wieder» lauteten andere Kommentare.

Die AD kam nach Auszählung fast aller Stimmen auf mindestens 79 Sitze, die PS von Pedro Nuno Santos auf 77. Vier Sitze sind zwar in der Auszählung der Auslandsstimmen noch zu vergeben. An der heiklen Lage wird das aber nichts ändern. Eine «Grosse Koalition» gilt in Portugal als ausgeschlossen. Ähnlich wie im Nachbarland Spanien trennen die beiden Hauptparteien faktisch unüberwindbare Differenzen.

Für die PS, die bei der vergangenen Wahl Anfang 2022 noch 120 Sitze errungen hatte, ist der Wahlausgang ein politisches Desaster. Dabei war der frühere Erfolg der Sozialisten im In- und Ausland als das «portugiesische Wunder» gefeiert worden.

Warnung und Verwarnung

Nach der Eurokrise hat Ministerpräsident António Costa das einstige EU-Sorgenkind seit seiner Amtsübernahme Ende 2015 jahrelang sehr solide geführt. Die Wirtschaft wuchs all die Jahre fast immer und bis zuletzt über EU-Schnitt, die Schulden, aber auch die Arbeitslosigkeit wurden stetig zurückgeschraubt.

Doch nach der Pandemie setzten gleich mehrere Korruptionsskandale – unter anderem bei der staatlichen Fluggesellschaft TAP und der Förderung von Lithium- und Wasserstoff-Projekten – der Erfolgsstory der Linken jäh ein Ende. Präsident Marcelo Rebelo de Sousa rief im November Neuwahlen aus, nachdem Costa unter dem Eindruck der Affären zurückgetreten war. Costa ist seither geschäftsführend im Amt.

Es seien «die Stimmen des Protestes, die Stimmen derjenigen, die empört und gegen das System sind, der Wutbürger und der Peripherie», kommentierte das Boulevardblatt «Correio da Manhã». Diese Wähler dürfe man nicht stigmatisieren. Ventura sei ein «Hurrikan», dessen Erfolg Warnung und Verwarnung für die Traditionsparteien sei.

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