Hunderte Vietnamesen verschwinden von Berliner Schule
Von Berliner Berufsschulen verschwinden Hunderte Vietnamesen. Experten sprechen von Menschenhandel und Ausbeutung.

Das Wichtigste in Kürze
- Tausende Vietnamesen reisen für eine Ausbildung nach Deutschland.
- Hunderte verschwinden von den Berufsschulen, Experten sind besorgt.
- Sie sprechen von Menschenhandel und fürchten, dass einige in der Prostitution landen.
Von mehreren deutschen Berufsschulen sind unzählige vietnamesische Schülerinnen und Schüler verschwunden, wie «RBB» berichtet. Von der Gastgewerbe-Berufsschule Brillat-Savarin-Schule in Berlin waren es mehrere Hundert.
Sebastian Riesner von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten ist besorgt und sagt, die jungen Menschen würden «günstigstenfalls in irgendwelchen Nagelstudios landen. Schlimmstenfalls in der Prostitution». Denn viele sitzen auf hohen Schulden, es steckt ein grosses System dahinter.
Jedes Jahr reisen Tausende Vietnamesen für eine Ausbildung nach Deutschland. Viele wurden in ihrer Heimat von privaten Agenturen angeworben, die die Erledigung aller Formalien und ein gutes Gehalt versprechen. Doch das kommt mit hohen Kosten: Bis zu 20'000 Euro müssen die jungen Erwachsenen bezahlen – und sich oft verschulden.
Obwohl ausreichende Sprachkenntnisse eine Voraussetzung für das Visum sind, können viele der Auszubildende kaum Deutsch. Die Agenturen bieten oftmals ein gefälschtes Sprachzertifikat an.
«Zwielichtiger und undurchschaubarer» Markt
Gerrit Buchhorn, Geschäftsführer des Hotel- und Gastronomieverbands Berlin, sagt, die vietnamesischen Schüler könnten dem Unterricht kaum folgen. Sie fühlten sich ausgeschlossen und verunsichert. «Dass da etwas nicht mit richtigen Dingen zugeht, will ich nicht ausschliessen.»
Migrationsexpertin Mimi Vu spricht gegenüber «RBB» von einem «zwielichtigen und undurchschaubaren» Markt. Viele der Vermittlungsagenturen seien «Teil eines grösseren internationalen Netzwerks organisierter Kriminalität».
«Moderner Menschenhandel»
Die Vietnamesen kämen ohne Sprachkenntnisse und mit hohen Schulden nach Deutschland. Und dort seien sie einem «extrem hohen Risiko ausgesetzt, ausgebeutet zu werden». Als Arbeitskräfte oder «für andere Dinge». Es sei ein System für «internationale Personalvermittlung für Ausbeutung», so Vu.
Für Gewerkschaftsvertreter Riesner sind viele der Vermittlungsagenturen «Schlepperorganisationen, die billige Arbeitskräfte nach Deutschland schaffen». Er spricht von «Arbeitskräfteschleusung und modernem Menschenhandel». Viele der Schüler würden vom Arbeitsmarkt verschwinden, «um in irgendwelchen schwarzen Arbeitsmärkten, Küchen oder Nagelstudios ihre Schulden abzuarbeiten».