Eigentlich träumte ein vietnamesisches Ehepaar von einem besseren Leben in der Schweiz. Doch im Berner Nagelstudio fand es sich in einem Albtraum wieder.
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In den Berner Nagelstudios werden vietnamesische Arbeitskräfte ausgebeutet. (Symbolbild) - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein vietnamesisches Paar wurde in einem Berner Nagelstudio ausgebeutet.
  • Nun teilen die beiden ihre Geschichte.
  • Die Arbeitsbedingungen in Schweizer Nagelstudios sind schon länger ein Problem.
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Hinter den Türen diverser Nagelstudios verbirgt sich eine düstere Realität. Darüber packt nun ein vietnamesisches Ehepaar aus: Dang* und Kim Nguyen* haben in Bern Ausbeutung erlebt.

Ihre Geschichte beginnt, als sie in den sozialen Medien auf Jobangebote in Europa stossen. Mithilfe einer Agentur organisieren sie ihre gefährliche Busreise durch diverse Länder, wie sie der «Berner Zeitung» erzählen.

Dang Nguyen bezahlt 300 Franken für seine Reise in die Schweiz. In Bern angekommen, wird ihm vom Chef des Nagelstudios ein Monatsabo für öffentliche Verkehrsmittel gegeben. Damit ist klar, dass seine Arbeit jederzeit benötigt werden könnte.

Wenig Geld und Angst vor dem Chef

Das Paar arbeitet fortan in einem der vielen Nagelstudios von Bern, wo Kosmetikdienstleistungen oft billig angeboten werden. Die Mitarbeitenden dieser Studios werden häufig ausgebeutet.

Die Arbeitsbedingungen sind prekär. Die Angestellten arbeiten oft auf Probe, ohne festen Vertrag und erhalten kaum oder gar keinen Lohn. Vielen wird der Pass abgenommen.

Besuchen Sie regelmässig Nagelstudios?

Dang und Kim Nguyen sind da keine Ausnahme. Sie erzählen von langen Arbeitsstunden, unzureichender Bezahlung und der ständigen Angst vor ihren Arbeitgebern. Die Nguyens leben mit mehreren Personen zusammen in einer kleinen Wohnung in Bern. Ihr sechsjähriges Kind, das bei den Grosseltern in Vietnam lebt, vermissen sie sehr.

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Die schönen Nägel haben oftmals einen bitteren Preis.
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Ein vietnamesisches Paar erlebte zuerst eine gefährliche Reise und schuftete dann in Bern für einen Spottlohn.
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Viele migrantische Arbeiter in den Nagelstudios werden Opfer von Menschenhandel. (Symbolbild)

Die beiden arbeiten lange Stunden, oft ohne genaue Aufzeichnung ihrer Arbeitszeit. Sie verdienen etwa 2000 Franken pro Monat – Geld, das sie oft nicht vollständig erhalten. Zudem wird ein grosser Teil für Kost und Unterkunft abgezogen.

«Bei praktisch allen Kontrollen in Bern stellen wir Missbräuche fest»

Alexander Ott, Leiter des Amtes für Einwohnerdienste, Migration und Fremdenpolizei der Stadt Bern, bestätigt diese traurige Realität: «Bei praktisch allen Kontrollen in Bern stellen wir Missbräuche fest.»

Gewerkschafter Igor Zoric fordert mehr Schutz für die Arbeiterinnen und Arbeiter in der Nagelstudio-Branche. Er betont den wirksamen Schutz der Opfer ab dem ersten Moment des Verdachts auf Menschenhandel. Die Ausbeuter müssten bestraft werden.

Alexander Ott sieht Handlungsbedarf: «Die Mitarbeitenden befinden sich in einer Blase.» Dadurch wäre es fast unmöglich, dass die Arbeiterinnen von ihren Rechten erfahren. Er kritisiert zudem, dass Studios trotz wiederholter Verstösse weiterhin geöffnet sind.

Dang und Kim Nguyen haben mittlerweile ihre Arbeit im Nagelstudio beendet und kooperieren mit der Fremdenpolizei.

* Namen geändert.

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