Human Rights Watch fordert klare Worte von Merz in Ankara
Human Rights Watch fordert von Bundeskanzler Friedrich Merz bei seinem Besuch in Ankara eine klare Stellungnahme zur Menschenrechtssituation in der Türkei.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat vom deutschen Kanzler Friedrich Merz bei seinem Besuch in Ankara eine klare Positionierung zur Menschenrechtssituation in der Türkei gefordert.
Merz müsse Demokratiedefizite im Land ansprechen, sagte Emma Sinclair-Webb, Türkei-Vertreterin von HRW, der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Wenn man ein Land unter anderem in der Verteidigungspolitik auf seiner Seite haben wolle, «dann sollte Europa, und Deutschland, ein Interesse daran haben, dass dieses Land zumindest die grundlegendsten Regeln einhält: die Ergebnisse von Wahlen zu respektieren und ein gewisses Mass an Respekt für die Demokratie zu zeigen».
Sinclair-Webb kritisiert zunehmende Repressalien in der Türkei
«Dieses Jahr haben wir den schwersten Angriff auf die türkische Demokratie erlebt», sagte Sinclair-Webb. Die grösste Oppositionspartei CHP werde mit Gerichtsverfahren überzogen, die Ermittlungen gegen den inhaftierten Erdogan-Gegner Ekrem Imamoglu zielten nicht nur auf ihn, sondern auf die gesamte Partei ab. Sinclair-Webb prangerte auch Repressalien gegen Medien sowie die Diskriminierung von LGBTQ-Personen an, die sich nach ihren Angaben noch verschärfen könnte.
In einer Erklärung forderte HRW am Mittwoch die Rücknahme eines entsprechenden Gesetzesentwurfs der türkischen Regierung. So droht etwa eine Freiheitsstrafe für Menschen, «die eine Haltung oder ein Verhalten zeigen, das dem angeborenen biologischen Geschlecht und der allgemeinen Moral widerspricht».
Das Vorhaben würde den Weg für strafrechtliche Verfolgung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen ebnen, «einer der besorgniserregendsten Rückschritte von Menschenrechten seit Jahrzehnten», so HRW.
Die Türkei dürfe nicht ungestraft mit der «völligen Zerstörung der Demokratie» davonkommen, sagte die Sinclair-Webb.
Imamoglu bleibt aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat
Der abgesetzte Istanbuler Bürgermeister Imamoglu gilt weiterhin als aussichtsreicher Anwärter bei einer künftigen Präsidentenwahl. Er sitzt seit März in Untersuchungshaft. Erst am Montag war gegen ihn ein weiterer Haftbefehl wegen Spionagevorwürfen erlassen worden.
Merz wird am Mittwoch im Nato-Land Türkei erwartet. Bei den Gesprächen mit Erdogan am Donnerstag dürfte es unter anderem um den Ukraine-Krieg und die Friedensbemühungen im Nahen Osten gehen. Auf die Frage, ob auch Treffen von Merz mit türkischen Oppositionspolitikern geplant seien, antwortete der stellvertretende Regierungssprecher Steffen Meyer in Berlin, der Plan sei, «dass das bilaterale Gespräch mit Herrn Erdogan im Mittelpunkt steht, über weitere Gespräche ist mir nichts bekannt.»














