Bisher bestritt Griechenland, Asylsuchende illegal wieder ausser Land zu schaffen. Verifizierte Aufnahmen eines Hilfsarbeiters zeigen nun das Gegenteil.
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Asylsuchende werden an der türkischen Meeresgrenze von der griechischen Küstenwache ausgesetzt. - Screenshot «The New York Times»/Fayad Mulla

Das Wichtigste in Kürze

  • Videos zeigen, wie Flüchtlinge von Griechenland auf offener See illegal ausgesetzt werden.
  • Die Asylsuchenden werden nach einer Stunde von der türkischen Küstenwache gerettet.
  • Auf Anfrage der «New York Times» zeigen sich EU-Beamte «besorgt».
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Griechenland wird seit einiger Zeit mit Pushbacks in Verbindung gebracht. Heisst: Das Land soll Flüchtlinge illegal wieder aus dem Land schaffen. Das EU-Mitglied bestreitet diese Vorwürfe, doch jetzt zeigen neu veröffentlichte Bilder etwas ganz anderes.

Auf mehreren Videos, die die «New York Times» verifiziert hat, wird ein Pushback dokumentiert. Die am 11. April entstandenen Aufnahmen stammen vom österreichischen Hilfsarbeiter Fayad Mulla. Er spielte sie der US-Zeitung zu.

Auf offenem Meer in Schlauchboot zurückgelassen

Zu sehen sind zwölf Asylsuchende, die auf der griechischen Insel Lesbos von maskierten Männern aus einem Lieferwagen auf ein Speedboot gedrängt werden. Sie werden zu einem Boot der griechischen Küstenwache gefahren.

Dieses transportiert die Asylsuchenden bis zur türkischen Meeresgrenze. Dort werden die zwölf Personen auf ein Schlauchboot gesetzt – und zurückgelassen. Das Floss verfügt über keinen Motor und kann nicht gesteuert werden.

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Auf der griechischen Insel Lesbos werden am 11. April 2023 zwölf Migranten in einem Lieferwagen zu einem Speedboot gebracht.
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Maskierte Männer sind für den Transport aufs offene Meer verantwortlich.
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Dort werden die zwölf Flüchtlinge auf ein Boot der griechischen Küstenwache gebracht.
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Dieses fährt sie an die türkische Meeresgrenze.
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Dort werden die zwölf Personen, unter ihnen Kinder und ein sechs Monate altes Baby, auf einem motorlosen Schlauchboot ausgesetzt. Später werden sie von der türkischen Küstenwache an Land gebracht.

«Ich glaubte nicht, dass wir diesen Tag überleben würden. Als sie uns auf das aufblasbare Floss setzten, taten sie das ohne jegliche Gnade», sagt eine der betroffenen Flüchtlinge. Sie stammt aus Somalia, andere aus Eritrea und Äthiopien. Unter den zwölf Personen befinden sich mehrere Kinder und ein sechs Monate altes Baby.

Nach rund einer Stunde werden sie schliesslich von der türkischen Küstenwache gerettet und in eine Hafenanstalt gebracht. Reporter der «New York Times» machen dort später elf der zwölf Personen ausfindig. Die Betroffenen erzählen unabhängig voneinander dieselbe Geschichte.

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Demnach seien sie zuvor per Schlauchboot von der Türkei nach Griechenland gereist. Maskierte Männer, die sich als Mitarbeiter von Ärzten ohne Grenzen ausgaben, hätten sie dort abgefangen. Man habe ihnen sämtliche Gegenstände abgenommen, ehe sie via Auto und Schiff aufs offene Meer transportiert worden seien.

Keine Antwort aus Griechenland

Von der «New York Times» angesprochen, zeigte sich die EU-Kommission von den Aufnahmen «besorgt». Man werde die Sache mit den griechischen Behörden aufnehmen.

Griechenland müsse «seine Verpflichtungen gemäss den EU-Asylvorschriften und dem internationalen Recht in vollem Umfang erfüllen, einschliesslich der Gewährleistung des Zugangs zum Asylverfahren», sagte eine EU-Sprecherin für Migration.

Die griechischen Behörden lehnten einen Kommentar zum Video ab.

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