Egal, was man von ihm hält, Erdogan ist nun mal der türkische Präsident. Deshalb müsse man ihn auch willkommen heissen, sagt Bundesaussenminister Maas.
Heiko Maas, Bundesaussenminister, besichtigt die blaue Baracken in der demilitarisierten Zone (DMZ) zwischen Nord- und Südkorea.
Heiko Maas, Bundesaussenminister, besichtigt die blaue Baracken in der demilitarisierten Zone (DMZ) zwischen Nord- und Südkorea. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Recep Tayip Erdogan soll am 28. September Berlin besuchen.
  • Bundesaussenminister Heiko Maas verteidigt dies – alles andere wäre ein Fehler, sagt er.

Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) hat den geplanten Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland verteidigt. «Erdogan ist gewählter türkischer Staatspräsident, ob einem die türkische Präsidialverfassung nun gefällt oder nicht», sagte Maas der «Rhein-Neckar-Zeitung» vom Donnerstag. Erdogan kommt am 28. September zu einem zweitägigen Staatsbesuch nach Berlin.

«Wir würden einen grossen Fehler machen, wenn wir die Repräsentanten dieses Staates grundsätzlich nicht willkommen heissen würden», sagte Maas weiter. «Die Gefahr wäre deutlich grösser, wenn wir nicht miteinander reden würden.»

Sinnvoller Besuch?

CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach zeigte sich weniger überzeugt von der Sinnhaftigkeit des Besuchs: «Bei Einladungen, die aus Höflichkeit ausgesprochen werden, besteht immer die Gefahr, dass sie angenommen werden», sagte Bosbach der «Passauer Neuen Presse».

Wenn Erdogan «ein grosser Bahnhof» bereitet werde, dann alleine aus protokollarischen Gründen, sagte der CDU-Politiker. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will Erdogan mit militärischen Ehren begrüssen, auch ein Staatsbankett auf Schloss Bellevue ist geplant.

Aus der Opposition kam der Wunsch nach klarer Kritik an Erdogans Kurs. Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir sagte ebenfalls der «Passauer Neuen Presse», er gehe davon aus, «dass alle demokratischen Politiker drinnen an das Schicksal der inhaftierten Demokraten in seinen Kerkern erinnert».

FDP-Chef Christian Lindner bezeichnete den Dialog zwar grundsätzlich als «sinnvoll». «Kurz nach einem Referendum über eine islamistische Präsidialdiktatur halte ich den Zeitpunkt aber für fragwürdig», sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Umso klarer müsse die Lage von Menschenrechten in der Türkei angesprochen werden.

Mehr Macht für Erdogan

Erdogan war bei den türkischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Juni im Amt bestätigt worden. Durch die Verfassungsreform vom vergangenen Jahr und der damit verbundenen Einführung des Präsidialsystems in der Türkei erhielt der Staatschef einen deutlichen Machtzuwachs.

Die Bundesregierung beobachtet unter anderem mit Sorge, wie Erdogan auf Kosten der türkischen Opposition seine Macht immer weiter ausbaut und die Medienfreiheit in dem Land einschränkt. Die Inhaftierung deutscher Staatsbürger in der Türkei belastet das beiderseitige Verhältnis zudem.

Der ehemalige Ministerpräsident Erdogan war zwar schon mehrmals zu offiziellen Besuchen in Berlin, zuletzt im Jahr 2014. Die September-Visite wird aber sein erster Besuch seit der Übernahme des Präsidentenamts vor vier Jahren.

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