Der belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki und zwei Menschenrechtsorganisationen werden mit dem diesjährigen Friedensnobelpreis geehrt.
Ales Beljazki
Der belarussische Menschenrechtsaktivist Ales Bjaljazki ist einer der Gewinner des Friedensnobelpreises. (Archivbild) - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Friedensnobelpreis geht an den belarussischen Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki.
  • Daneben erhalten zwei Menschenrechtsorganisationen den begehrten Preis.
  • Mit der Vergabe setzt das Komitee ein Zeichen gegen den Ukraine-Krieg.

Der diesjährige Friedensnobelpreis geht an den belarussischen Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki und zwei Menschenrechtsorganisationen, Memorial aus Russland und das Center for Civil Liberties aus der Ukraine. Das gab das norwegische Nobelkomitee am Freitag in Oslo bekannt.

Die diesjährigen Preisträger repräsentierten die Zivilgesellschaft in ihren Heimatländern, sagte die Vorsitzende des Komitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Preisbekanntgabe. Sie setzten sich seit vielen Jahren für den Schutz der Grundrechte der Bürger und das Recht ein, Machthabende zu kritisieren.

Bjaljazki ist derzeit in Belarus wegen des Vorwurfs des Steuerbetrugs inhaftiert. Reiss-Andersen forderte die Behörden in dem autoritär regierten Land auf, Bjaljazki freizulassen. «Wir hoffen inständig, dass das geschehen wird und dass er nach Oslo kommen kann, um seine Ehrung entgegen zu nehmen», sagte die Vorsitzende des Nobelkomitees.

Im Vorfeld der Verleihung hatten Experten vermutet, dass das Komitee mit dem Preis entweder ein Zeichen gegen den Krieg in der Ukraine oder für den Klimaschutz setzen wird.

Weltweit bedeutendster Friedenspreis

Der Friedensnobelpreis gilt als der bedeutendste Friedenspreis der Erde. Insgesamt 343 Kandidaten – 251 Persönlichkeiten und 92 Organisationen – waren in diesem Jahr für ihn nominiert worden. Die Namen der Nominierten werden traditionell 50 Jahre lang geheim gehalten.

Als mögliche Preisträger waren unter anderem die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj genannt worden.

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Berit Reiss-Andersen verkündet am Freitag in Oslo die Gewinner des diesjährigen Friedensnobelpreises. - Keystone

Im vergangenen Jahr waren die Philippinerin Maria Ressa und der Russe Dmitri Muratow mit dem Preis geehrt worden. Die beiden Journalisten erhielten ihn für ihren Kampf für die Meinungsfreiheit.

Zuvor waren in dieser Woche bereits die Preisträgerinnen und Preisträger in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie und Literatur verkündet worden. Am kommenden Montag folgt zum Abschluss noch der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften, der als einziger der Preise nicht auf das Testament des Dynamit-Erfinders und Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896) zurückgeht.

Lob für Friedensnobelpreisvergabe

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri ist voll des Lobes über die Auswahl der diesjährigen Friedensnobelpreisträger. «Ich denke, das Komitee sendet die Botschaft, dass Menschenrechte, bürgerliche Freiheiten und eine aktive Zivilgesellschaft Teile des Friedens sind. Ich glaube nicht, dass man dem widersprechen kann», sagte Sipri-Direktor Dan Smith am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Skandinavien.

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Ales Bjaljazki ist derzeit in Haft. - Keystone

Er ergänzte: «Hier geht es um mehr als nur um Putin und den Ukraine-Krieg.» Das ukrainische Center for Civil Liberties sei eine unabhängige Nicht-Regierungs-Organisation, die bereit sei, die ukrainische Regierung zu kritisieren, und die einen Fokus auf den Kampf gegen Korruption lege. Der Preis an die russische Organisation Memorial unterstreiche auch die Bedeutung von Geschichte, Fakten und der Wahrheit.

Die Mitgründerin von Memorial, Swetlana Gannuschkina, hat sich «überglücklich» geäussert. «Das ist eine grosse Anerkennung für diejenigen Menschen in Russland, die diesen furchtbaren Krieg gegen unseren Nachbarn Ukraine nicht unterstützen. Es ist nämlich nicht so, wie oft dargestellt, dass die Russen für den Krieg sind. Viele schämen sich für ihr Land», sagte die Menschenrechtlerin, die vom Nobelkomitee am Freitag in Oslo auch namentlich erwähnt wurde.

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Swetlana Gannuschkina in Moskau. - keystone

Gannuschkina sagte, dass Memorial zwar aufgelöst sei auf Anweisung der russischen Behörden. Die Strukturen und die Projekte gebe es aber noch. Sie würden weiter geführt. Dafür werde auch Geld gebraucht, sagte sie. «Ich freue mich vor allem für Ales Bjaljazki, der das am meisten verdient hat, aber auch über die Preisvergabe an die ukrainischen Kollegen», sagte Gannuschkina, die in Moskau eine Flüchtlingshilfsorganisation leitet.

Über den ausgezeichneten, in Haft sitzenden Belarussen Bjaljazki, sagte Smith: «Bjaljazki ist ein Pionier der Freiheit und Demokratie in Belarus. Es ist grossartig, dass er diese Anerkennung und dieses Rampenlicht erhält, weil er sonst Gefahr läuft, nur noch ein weiterer vergessener politischer Gefangener zu sein.»

Belarussische Oppositionsführerin gratuliert

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hat ihrem Landsmann Ales Bjaljazki zum Friedensnobelpreis gratuliert. «Das sind grossartige Neuigkeiten! Ales Bjaljazki ist der Stolz der Belarussen. Nun ist das auf der ganzen Welt bekannt», schrieb Tichanowskaja am Freitag in ihrem Telegram-Kanal. Dazu veröffentlichte sie ein Foto, das die beiden gemeinsam zeigt.

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Swetlana Tichanowskaja. - AFP

Der Preis sei auch ein wichtiges Zeichen der internationalen Unterstützung an die Familie des 60-Jährigen, der bereits seit mehr als einem Jahr in der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik im Gefängnis sitzt. Leider könne Bjaljazki aufgrund seiner Inhaftierung den Preis nicht persönlich in Empfang nehmen, schrieb Tichanowskaja weiter. «Und das beweist einmal mehr, dass das Regime eine Bedrohung für Frieden und Freiheit des belarussischen Volkes ist.»

Tichanowskaja war von Experten vorab selbst auch als eine Favoritin für die Auszeichnung in diesem Jahr gehandelt worden.

Botschaft, dass Krieg enden muss

Das für den Friedensnobelpreis zuständige Nobelkomitee hält oppositionelle Stimmen und eine starke Zivilgesellschaft für entscheidende Werkzeuge im Kampf gegen Kriege und Konflikte. Man wolle mit der diesjährigen Auszeichnung die enorme Bedeutung unterstreichen, die der Zivilgesellschaft und der Opposition in jeder Gesellschaft zukomme, sagte die Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Skandinavien.

Einzelpersonen und Organisationen könnten eine ausserordentliche Rolle in politischen Angelegenheiten und in der Ablehnung von Krieg spielen. Die Frau des belarussischen Friedensnobelpreisträgers Ales Bjaljazki, Natalja Pintschuk, hat sich überwältigt von der Auszeichnung für ihren Mann gezeigt.

«Die Nachricht hat mich in grosser Verwirrung erwischt, weil sie völlig unerwartet war», sagte Pintschuk am Freitag einer Mitteilung des von Bjaljazki gegründeten Menschenrechtszentrums Wesna zufolge. «Das sind unerwartete, aber erfreuliche Neuigkeiten», sagte sie demnach weiter. «Ich verspüre jetzt natürlich einen grossen Stolz.»

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