Ist nach mehr als 13 Jahren eine Aufklärung im Fall Maddie möglich? Seit einem Vierteljahr nähren zumindest Erkenntnisse deutscher Ermittler diese Hoffnung.
ARCHIV - Die Eltern des verschwundenen britischen Mädchen Madeleine « Maddie» McCann, Kate und Gerry McCann, geben der BBC in der Prestwold Hall ein Interview. Foto: Joe Giddens/PA Wire/dpa
ARCHIV - Die Eltern des verschwundenen britischen Mädchen Madeleine « Maddie» McCann, Kate und Gerry McCann, geben der BBC in der Prestwold Hall ein Interview. Foto: Joe Giddens/PA Wire/dpa - sda - Keystone/PA Wire/Joe Giddens
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am 3. Mai 2007 verschwand das damals dreijährige Mädchen Maddie McCann.
  • Sie wird seit dreizehn Jahren vermisst und die Suchaktionen laufen weiter.
  • Nun wurde der Hauptverdächtige im Fall Maddie wegen Mordes angeklagt.

Gibt es womöglich doch noch Gewissheit über das Schicksal des dreijährigen britischen Mädchens, das 2007 spurlos verschwand? Seit einem Vierteljahr lassen neue Erkenntnisse deutscher Ermittler diese Hoffnung neu aufflammen. Ihr Zeugenaufruf von Anfang Juni brachte die Geschichte zurück ins Bewusstsein der weltweiten Öffentlichkeit.

Gemeinsam teilten das Bundeskriminalamt (BKA) und die Staatsanwaltschaft Braunschweig mit, dass sie gegen einen 43-jährigen Deutschen wegen Mordverdachts ermitteln. Es handele sich um Christian B., einen mehrfach vorbestraften Sexualstraftäter.

Maddie McCann
Christian B. ist der Hauptverdächtige im Fall von Maddie McCann. - Privat/Screenshot bild.de

Parallel dazu lief ein neuer Zeugenaufruf in der ZDF-Sendung «Aktenzeichen XY... ungelöst». Mehr als fünf Millionen Fernsehzuschauer verfolgten den Beitrag. Plötzlich war der mysteriöse Fall wieder allgegenwärtig, mit einem neuen Fokus in Deutschland.

Schicksalhafte Ferien

Am 3. Mai 2007 verschwand die damals dreijährige Madeleine McCann aus einer Appartementanlage im portugiesischen Praia da Luz. Die Eltern assen zu der Zeit in einem nahe gelegenen Restaurant. Das ungeklärte Schicksal des Mädchens sorgte weltweit für Schlagzeilen.

Anfangs gerieten auch die Eltern unter Verdacht: Ermittler gingen davon aus, dass ein Unfall passierte und die Leiche versteckt werden sollte. Das Paar selbst liess indes nichts unversucht, um auf das Verschwinden ihrer Tochter aufmerksam zu machen: Privatdetektive, Besuch beim Papst, die Gründung einer Stiftung – alle Hebel wurden in Bewegung gesetzt.

Verdächtiger
Im Vermisstenfall Madeleine McCann wird seit 2007 ermittelt. - Keystone

Vor drei Monaten dann dieser Satz: «Wir gehen davon aus, dass das Mädchen tot ist.» Hans Christian Wolters musste als Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig die Pressekonferenz mit demselben Inhalt mehrmals wiederholen. Aus mehreren Ländern hatten sich Reporter auf den Weg nach Niedersachsen gemacht.

Sie wollten erfahren, was die Ermittler so sicher macht. Das enorme mediale Interesse stellte alles in den Schatten, um das sich die Staatsanwaltschaft bisher zu kümmern hatte. Dies sagt Wolters nun rückblickend.

Ein Hauptverdächtiger taucht auf

Schnell wurde klar, um wen es sich bei dem Verdächtigen handelt. Christian B., der 2019 vom Landgericht Braunschweig wegen Vergewaltigung einer 72-jährigen Amerikanerin verurteilt worden war. Als eine der ersten stellte die Gerichtsreporterin der «Braunschweiger Zeitung» diese Verbindung her.

Heimaufenthalt als Kind, Adoption, Hauptschulabschluss, abgebrochene Kfz-Mechanikerlehre - so lässt es sich Gerichtsakten entnehmen. Urteile ergingen in vielen Städten, darunter in Hannover, Braunschweig, Würzburg und Niebüll. Auch in Portugal wurde er verurteilt.

Fall Maddie McCann
Gegen den 43-jährigen Christian B. wird wegen Mordes an der vermissten Maddie McCann ermittelt. - Keystone

Über all das wurde berichtet und jede erkennbare Aktion der Ermittler seither bewacht. Zuletzt gab es Ende Juli Grabungen in einem Kleingarten am Stadtrand von Hannover. Wie erfolgreich diese waren, ist unklar.

Christian B. äussert sich nicht zum Tatverdacht

Derzeit sitzt der Verdächtige in Kiel wegen Drogenhandels in Haft. Ein Antrag auf vorzeitige Haftentlassung beschäftigte zuletzt auch den Bundesgerichtshof. Ausserdem wird eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes erwartet, weil der 43-Jährige eine Aufhebung des Braunschweiger Urteils wegen der Vergewaltigung fordert. Er sei ursprünglich auf Grundlage eines Europäischen Haftbefehls für eine andere Straftat ausgeliefert worden.

maddie kiel
Der Verdächtige im Fall «Maddie» verbüsst in der JVA Kiel derzeit eine Haftstrafe. - dpa

Zu dem Vorwurf, Madeleine McCann entführt und ermordet zu haben, äusserte sich der Verdächtigte laut seinem Verteidiger zuletzt nicht. Zum aktuellen Stand sagt die Staatsanwaltschaft Braunschweig aber: «Nach den uns vorliegenden Erkenntnissen gehen wir von der Ermordung des Mädchens durch den Beschuldigten aus.» Ziel der Ermittlungen sei es derzeit, den Tatverdacht zu erhärten.

Die Eltern haben die Hoffnung nicht aufgegeben

Mutter Kate und Vater Gerry McCann haben dennoch bis heute die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, ihre Tochter lebend zu finden. «Aber was immer das Ergebnis sein wird: Wir müssen es wissen, denn wir müssen Frieden finden.» Zu dem deutschen Verdächtigen wollen sie sich nicht äussern. Alles soll sich auf die Ermittlungen konzentrieren, hatten sie nach dem Bekanntwerden der Mordermittlungen von einem Sprecher ausrichten lassen.

In Portugal gibt es unterdessen keine Spur von Maddie. Dies, obwohl die Polizei an der Algarve die Suche nach dem Mädchen auch nach mehr als 13 Jahren unermüdlich fortsetzt.

maddie
Die Suche dauert nun schon seit mehreren Jahren an. - Keystone

Zuletzt hatte die Kripo im Juli mithilfe von Tauchern in drei seit Jahren stillgelegten Brunnen in Vila do Bispo gesucht. Die Gemeinde liegt etwa 15 Kilometer westlich jener Ferienanlage des Badeortes Praia da Luz, in der Maddie vermutlich entführt wurde. Zudem werden noch heute immer wieder Bewohner befragt.

In der Region hat man allerdings genug von dem Fall. Maddie ist bei vielen zum Tabuthema geworden. «Kaum jemand will hier darüber sprechen», berichtet ein lokaler Reporter.

Manch einer hoffe sogar, der Fall möge in Vergessenheit geraten. Angesichts des weltweiten Interesses dürfte das aber nicht so schnell passieren.

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