Die Europäische Union bringt ihre Asylreform seit Jahren nicht voran. Jetzt will Deutschland die Diskussion wieder ankurbeln.
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Die Europäische Union streitet sich seit Jahren um eine Reform der gemeinsamen Asylpolitik. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Horst Seehofer hat sich viel vorgenommen: Er will den Gordischen Knoten bei der Reform der europäischen Asylregeln durchschlagen helfen.

Seit Jahren scheitert jeglicher Reformversuch der Asylregeln krachend, die Argumente wiederholen sich.

Als Innenminister des Landes, das nun den Ratsvorsitz innehat, wäre der CSU-Politiker dafür in einer guten Position. Kann das klappen?

Die Europäische Union hat ein Problem

Schutzsuchende und ihre Verteilung – das beschäftigt die Europäische Union nicht erst seit der grossen Flüchtlingskrise 2015/16. Malta forderte schon 2006, andere EU-Staaten müssten dem Mittelmeerstaat Asylbewerber abnehmen.

Heute klingen die Hilferufe nicht anders. Griechenland, Italien, Malta, Zypern und Spanien fühlen sich alleingelassen. Um das zu ändern, müssten die Dublin-Regeln reformiert werden: Demnach ist meist jener EU-Staat für einen Asylantrag zuständig, auf dessen Boden ein Schutzsuchender zuerst europäischen Boden betritt.

Dieser Versuch ist allerdings schon mehrfach gescheitert. Vollends zerstritten hat sich die Europäische Union schliesslich über Reformvorschläge der EU-Kommission von 2016.

Warten auf die EU-Kommission

Die heutige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versprach vor Amtsantritt, einen neuen Migrations- und Asylpakt vorzulegen. Seitdem ist Geduld gefragt, denn der Vorschlag verzögert sich immer wieder. Der Vorschlag könnte frühestens Ende des Monats kommen, realistischer ist September.

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Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. - AFP

Wegen der Verzögerungen werde es nun ziemlich eng, sagte Seehofer kürzlich. Er akzeptiere aber, dass man erst den europäischen Haushalt regeln müsse. Er habe den Ehrgeiz, «dass wir in diesem Jahr wenigstens eine politische Verständigung über die Zukunft des europäischen Asylrechts bekommen».

Politische Gräben

Die EU-Staaten lobbyieren schon seit Monaten für ihre Interessen in Brüssel. Italien, Malta, Spanien, Griechenland und Zypern dringen auf einen verpflichtenden Mechanismus zur Verteilung von Migranten. Ungarn, Tschechien, Polen, Estland, Lettland, die Slowakei und Slowenien wollen hingegen das Gegenteil.

Flüchtlinge
Flüchtlinge mit Schutzmasken auf Lesbos. - Nau.ch

Seehofer will die Verteilung bei den Verhandlungen während der deutschen Ratspräsidentschaft erstmal aussen vor lassen. Stattdessen will er sich dafür einsetzen, dass die Europäische Union an den Aussengrenzen Asylanträge vorprüft.

Wenn diese Schlüsselfrage geklärt sei, würde auch die Verteilung viel einfacher. In Einzelfällen würde die Bundesregierung es auch akzeptieren, wenn Länder keine Migranten aufnehmen und sich anders einbringen. Auch EU-Innenkommissarin Ylva Johansson setzt auf verpflichtende Solidarität.

Erfolg binnen sechs Monaten?

Nach Jahren der Blockade wäre ein Fortschritt für Seehofer kurz vor Karriereende sein politisches Vermächtnis. Allerdings hat die Bundesregierung beim Ringen um den EU-Haushalt und milliardenschwere Corona-Hilfsgelder schon viel politisches Kapital eingesetzt.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) betreibt schon mal Erwartungsmanagement: «Wir werden dieses Dossier sicherlich nicht abschliessen können, aber es wäre schön, wir würden ein paar Fortschritte auch erleben.»

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