Estnisches Verfassungsgericht soll Änderungen am Kirchengesetz prüfen
Estlands Verfassungsgericht prüft Änderungen am Kirchen- und Gemeindegesetz zur Einschränkung des Einflusses der russisch-orthodoxen Kirche.

In Estland soll das Verfassungsgericht die kontroversen Änderungen am Kirchen- und Gemeindegesetz prüfen, durch die der Einfluss der russisch-orthodoxen Kirche auf das geistliche Leben in dem baltischen EU- und Nato-Land gestoppt werden soll. Staatspräsident Alar Karis kündigte in Tallinn an, er werde das Regelwerk dem obersten Gericht zur Prüfung vorlegen, um es für verfassungswidrig erklären zu lassen. Seiner Ansicht nach stehen die neuen Bestimmungen im Widerspruch zu Teilen der estnischen Verfassung und schränken die Vereinigungs- und Religionsfreiheit unverhältnismässig ein.
Laut Karis existieren bereits rechtliche Mittel, mit denen die Einflussnahme des Moskauer Patriarchats überwacht und eingeschränkt werden könnten. Die bestehenden Möglichkeiten sollten daher gegebenenfalls konsequenter angewendet werden. Auch könnten die Ziele der Regelung dem estnischen Staatschef zufolge auch ohne derart weitreichende und unklare Einschränkungen erreicht werden, wenn das Gesetz eindeutiger formuliert wäre.
Tallinn zwingt orthodoxe Kirche zur Trennung vom Moskauer Patriarchat
Das Parlament in Tallinn hatte im April Änderungen am Kirchen- und Gemeindegesetz verabschiedet, durch die die orthodoxe Kirche gezwungen wird, alle Verbindungen zum Moskauer Patriarchat abzubrechen. Die Regelung wurde von der Regierung in Tallinn als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und dessen Unterstützung durch den russisch-orthodoxen Moskauer Patriarch Kirill beschlossen.
Karis hatte dagegen bereits zwei Mal sein Veto eingelegt, das vom Parlament anschliessend jeweils wieder überstimmt worden war. In Estland, wo eine grosse russische Minderheit lebt, gehören mehr als 100'000 Gläubige der orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats an.