Das Erbeben in Syrien und der Türkei sei «die grösste Katastrophe der letzten 500 Jahre», so ein Experte. Er schätzt 100'000 Todesopfer unter den Trümmern.
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Ein Experte schätzt die Anzahl der Todesopfer bei über 100'000 Menschen. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Bisher wurden nach dem Erdbeben in Syrien und der Türkei über 25'000 Tote bestätigt.
  • Ein Experte schätzt nun: Tatsächlich könnten mehr 100'000 Menschen gestorben sein.
  • Hierbei könnte es sich sogar um eine konservative Einschätzung handeln.
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Allein in der Türkei forderte das Erdbeben vom Montagmorgen bislang über 22'000 Todesopfer. In Syrien stieg die Zahl der Toten auf 3500. In den Ländern wird von einer Jahrhundertkatastrophe gesprochen.

Övgün Ahmet Ercan, ein bekannter Geophysiker aus der Türkei, nennt es «eher die grösste Katastrophe seit 500 Jahren». Das Erdbeben habe sich unter äusserst fatale Bedingungen ereignet, sagt er gegenüber dem «Spiegel».

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Teile der Türkei liegen aufgrund des Erbebens in Trümmer. - Keystone

«Zum einen hatte das erste Beben eine Magnitude von 7,8 und dauerte 47 Sekunden.» Zum anderen habe es Menschen frühmorgens und bei minus fünf Grad Aussentemperatur getroffen. «Sie waren also im Tiefschlaf, eingehüllt in Decken und nur mit Pyjamas bekleidet.»

Auf die Frage der Zeitschrift, wie hoch die Opferzahlen noch steigen wird, gibt der Experte eine schockierende Schätzung: Es könnten mehr als 100'000 Tote sein. «Das betroffene Gebiet umfasst zehn Provinzen auf einer Strecke von 330 Kilometern. Dort leben mehr als 13 Millionen Menschen», so Ercan.

Könnte sich um «konservative Einschätzung» handeln

Bisher sei bekannt, dass durch die zwei Starkbeben etwa 7000 Gebäude eingestürzt sind. «Meinen Berechnungen zufolge wurden rund 200'000 Menschen verschüttet, mehr als 8000 konnten bisher gerettet werden.»

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Bergungsarbeiten nach den Erdbeben in der Türkei.
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Das Ausmass der Zerstörung ist riesig.
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Viele Menschen werden weiterhin vermisst.
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Internationale Helferteams unterstützen die Behörden vor Ort.
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Ein Suchtrupp im Einsatz in der türkischen Stadt Adana.

Ebenso stellt der Experte klar: Bei den Berechnungen ziehe er nur die offiziellen Zahlen heran. «Am Ende könnte es sich sogar noch um eine konservative Schätzung gehandelt haben.»

Leider hätten die ersten Retter das Gebiet erst nach sechs Stunden erreicht. Somit verpassten sie laut Ercan genau die «entscheidende» Zeit. «Am Ende waren die ersten Helfer tatsächlich Nachbarn und Autofahrer.»

Zu der Kritik an der Bauweise der Häuser sagt Ercan, dass in vergangenen Jahren auch erdbebensichere Gebäude verkauft wurden. «Solche Gebäude sehen oft modern aus, erdbebensicher waren sie aber nie.» Nach dem grossen Erdbeben von 1999 sei zwar einiges bezüglich der Erdbebenabsicherung geändert worden.

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«Leider wurden durch Kooperationen mit Bauunternehmen Kontrollen in den vergangenen sechs Jahren immer lockerer gehandhabt.» Generell werde heutzutage zu schnell am Computer ein Bauplan erstellt. «Die Meinung von Bauingenieuren wird dabei nicht genügend berücksichtigt; nicht selten geht es dann trotzdem schon in die Bauphase.»

Es gehe am Ende um Vorschriften und ihre Einhaltung, hält Ercan gegenüber dem Magazin fest. «Die Türkei ist ein Land, das von Erdbeben bedroht ist. Das ist Fakt, und daran wird sich nichts ändern.»

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