Die deutschen Automobilzulieferer müssen die Transformation vom Verbrenner hin zur E-Mobilität stemmen. Helfen sollen jetzt die Autohersteller.
E-Mobilität Autohersteller
Bei der Transformation zu E-Mobilität sollen die Autobilhersteller helfen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In der deutschen Autobranche tut sich eine Kluft zwischen Herstellern und Zulieferern auf.
  • Die Kunden könnten diese bald schon zu spüren bekommen.

Sowohl Hersteller und Zulieferer der deutschen Autobranche kämpfen mit den Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs. Sie kämpfen mit Problemen in der Lieferkette, einem Mangel an Halbleitern und rapide steigenden Kosten, etwa bei der Energie.

Doch während die Hersteller trotzdem prächtig verdienen, stöhnen die Zulieferer unter dem Preisdruck. In der Branche mehren sich deshalb die Hilferufe: Die Zulieferer wollen die Preissteigerungen an die Hersteller weitergeben.

Volkswagen hat kräftige Gewinne gemacht

Hersteller wie etwa Mercedes-Benz könnten die Kostenexplosionen nämlich auffangen. Dies, indem sie die Preise für ihre Luxusautos erhöhen – die Kunden bezahlen das. Mercedes verkaufte im ersten Quartal sogar weniger Autos als im Vorjahr, trotzdem legten Umsatz und Ergebnis kräftig zu. Auch der Sportwagenbauer Porsche verdiente im ersten Quartal trotz sinkender Verkäufe mehr, Volkswagen verdoppelte seinen Gewinn im ersten Quartal nahezu.

Bei den an Verträgen gebundenen Zulieferern ist das nicht so einfach. Deutschlands grösster Zulieferer Bosch ist von roten Zahlen zwar weit entfernt. Er wird wegen der steigenden Kosten in diesem Jahr aber wohl Abstriche bei der Profitabilität machen müssen.

Auch beim zweitgrössten Zulieferer Deutschlands, Continental, machen sich die Negativeinflüsse im Kerngeschäft bemerkbar. An Mehrausgaben erwartet Continental in diesem Jahr eine Gesamtsumme von mindestens 3,5 Milliarden Euro. Finanzchefin Katja Dürrfeld sagte: «Man sieht, dass wir mit erhöhten Kosten zu kämpfen haben.» Mit den Kunden gebe es aber einen «partnerschaftlichen Austausch» über die Aufteilung.

E-Mobilität: Faire Lastenverteilung gefordert

Die Zuliefererbranche befindet sich zudem mitten in der Transformation, weg vom dreckigen Verbrenner und hin zur sauberen E-Mobilität. Jahrzehntelang erfolgreiche Geschäftsmodelle werden auf die Probe gestellt. Das bekommt etwa der Stuttgarter Zulieferer Mahle zu spüren. Das Unternehmen, das lange sein Geld mit Teilen für den Verbrennungsmotor verdient hat, schreibt tiefrote Zahlen.

Der Konzern machte im vergangenen Jahr ein Minus von 108 Millionen Euro. Im Jahr zuvor machte er einen Verlust von 434 Millionen Euro.

Mahle-Finanzchef Michael Frick klagte Ende April: «Die gravierenden Lieferkettenprobleme eskalieren über das bekannte Halbleiterthema hinaus.» Der Krieg in der Ukraine belaste die ohnehin angespannte Branche zusätzlich. «Wir haben es aktuell mit Kostensteigerungen zu tun, deren Ausmass alles Vorherige übertrifft», sagte Frick.

Er sei überzeugt, «dass in der jetzigen Situation Automobilhersteller und Zulieferer gemeinsam gefordert seien».

«Kleinere Zulieferunternehmen, die noch ausschliesslich Komponenten für Verbrennungsmotoren produzieren, kommen jetzt relativ schnell in die Bredouille. Dies, weil die E-Mobilität schneller gekommen ist als gedacht.» Das sagte Branchenexperte Stefan Reindl, Leiter des Geislinger Instituts für Automobilwirtschaft, der Deutschen Presse-Agentur.

«Für die könnte es ruinös werden, wenn sich die Effekte aus Corona oder dem Ukraine-Krieg auflösen. Denn dann wird es einen Nachholbedarf geben.» Was dann an Stückzahlen bei der E-Mobilität hinzukomme, falle beim Verbrenner weg.

Längere Wartezeiten für Neuwagen mit E-Mobilität

«Zuliefererverträge haben einen langfristigen Charakter und bestimmte Bindungen, dazu zählen auch die Preise», erklärte Branchenexperte Reindl. Trotzdem seien die Hersteller daran interessiert, weiter mit den tragenden Säulen der Zulieferer zusammenzuarbeiten. Wenn beispielsweise bei Mercedes der Zulieferer Bosch wegfiele, dann hätte der Automobilhersteller ein riesiges Problem.

Welche Folgen es haben kann, wenn Zulieferer wegfallen, konnte man jüngst bei Kabelbäumen aus ukrainischer Produktion sehen: Mehrere deutsche Autohersteller hatten ihre Produktion unterbrechen müssen, als diese plötzlich nicht mehr geliefert wurden. Auch für die Endverbraucher dürften die Herausforderungen der Branche Folgen haben. Sei es durch noch höhere Preise oder noch längere Wartezeiten bis zur Lieferung eines Neuwagens.

«Die Zulieferer-Forderungen sind nicht abstrus, denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass deren Kosten gestiegen sind.» Das sagte Reindl. Die Beziehungen zwischen Herstellern und Zulieferern seien Schicksalsgemeinschaften. In der Krise fehle vielen Zulieferern die finanzielle Kraft, die jetzt für den Wandel notwendig wäre.

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