Haft

Drei Jahre und zehn Monate Haft für Raserei mit zwei Verletzten in Berlin

AFP
AFP

Deutschland,

Das Landgericht Berlin hat einen Raser in einem Revisionsprozess wegen fahrlässiger Körperverletzung zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt.

Blaulicht
Blaulicht - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Urteil wegen fahrlässiger Körperverletzung und nicht wegen versuchten Mordes.

Djordje S. war zunächst im September 2018 wegen versuchten Mordes an einer Mutter und ihrem Kind zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Der inzwischen 35-Jährige ging gegen das Urteil vor, der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob es im Oktober 2019 vollständig auf.

Das neue Urteil des Landgerichts Berlin sieht neben der Haftstrafe die anschliessende Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vor, zudem wird dem Verurteilten für fünf Jahre die Fahrerlaubnis entzogen. Neben fahrlässiger Körperverletzung wurde S. wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, vorsätzlicher Trunkenheit und Unfallflucht verurteilt.

Auf der Flucht vor der Polizei soll S. im September 2017 betrunken durch Berlin-Kreuzberg gerast sein. Dabei soll er im morgendlichen Berufsverkehr eine Mutter und ihr heute achtjähriges Kind erfasst haben. Beide sollen über die Motorhaube etwa zehn bis 15 Meter durch die Luft geschleudert worden sein.

Das Berliner Landgericht hatte S. im September 2018 zu 13 Jahren Haft verurteilt und war damit anderthalb Jahre über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinausgegangen. Dieses Urteil kassierte der BGH jedoch. In seiner neuen Entscheidung kam das Berliner Gericht nun «zu grundlegend anderen Feststellungen» als noch in dem ersten Verfahren.

«Es mag fassungslos machen, dass aus 13 Jahren nun nur knapp vier Jahre Freiheitsstrafe werden», sagte der Vorsitzende Richter zur Urteilsbegründung. In der Frage, ob ein Tötungsvorsatz vorliege, habe man unparteiisch Recht und Gesetz angewendet. «Summa summarum können wir nicht ausschliessen, dass der Angeklagte die Kreuzung überquerte, in der Annahme es komme kein Fussgänger». Unter diesen Umständen könne nicht von einem Tötungsvorsatz ausgegangen werden.

Für die Angehörigen der Opfer ist die Entscheidung ein «Skandal». Der Onkel der schwer verletzten Mutter, Mikail Akil, bezeichnete die Urteilsbegründung als «lächerlich». «Wir sind schockiert, das haben wir nicht erwartet», sagte der 42-Jährige nach der Urteilsverkündung. «Dieser Mensch wollte Menschen töten». Die Familie plane, in die nächste Instanz zu gehen.

In ihrer Entscheidung, das ursprüngliche Mordurteil zu kippen, befanden die Karlsruher Richter, die Feststellungen zum Unfallgeschehen seien «in wesentlichen Punkten lückenhaft». Beispielsweise seien «die für die Annahme vorsätzlichen Handelns wesentlichen Sichtverhältnisse» für den Angeklagten an der Unfallstelle nicht nachvollziehbar festgestellt und belegt. Auch seien die Berliner Urteilsgründe widersprüchlich in der Frage, ob S. Passanten auf der Strasse tatsächlich wahrgenommen habe.

Der BGH bemängelte ausserdem, die festgestellte Geschwindigkeit des Mannes von mindestens 75 Kilometern pro Stunde im Stadtgebiet sei «nicht tragfähig begründet». Das Berliner Landgericht hatte in seinem Urteil ausserdem angegeben, S. habe kurz vor der Unfallstelle beschleunigt. Dafür fehle «jeglicher Beleg», befanden jedoch die Karlsruher Richter.

Raserfälle beschäftigen die Gerichte in Deutschland immer wieder. Im Juni bestätigte der BGH das Mordurteil gegen einen Berliner Raser, der bei einem illegalen Rennen am Kurfürstendamm einen tödlichen Unfall verursacht hatte. Das Mordurteil gegen den zweiten Ku'damm-Raser hob der BGH dagegen auf. Über seinen Fall muss deshalb ein drittes Mal verhandelt werden. Jeweils im Einzelfall muss bei solchen Raserfällen vor allem entschieden werden, ob es sich um fahrlässige Tötung oder doch um Mord handelt.

Kommentare

Weiterlesen

coop
144 Interaktionen
Gegen Spontan-Klau
Schweiz EU Matthias Müller
129 Interaktionen
«Nicht nachplappern»

MEHR IN NEWS

Oberentfelden AG
Oberentfelden AG
Linkin Park
1 Interaktionen
Schock für die Fans
Waldbrand
Lenzerheide GR

MEHR HAFT

Pictet-Gruppe
3 Interaktionen
Haft
Folterarzt
1 Interaktionen
Folterprozess
raser
15 Interaktionen
Darmstadt
PRO-PALAESTINENSISCH, KUNDGEBUNG, PROTEST
104 Interaktionen
Zürich

MEHR AUS DEUTSCHLAND

Anne Wünsche
2 Interaktionen
Anne Wünsche
9 Interaktionen
In der Erziehung
Gewässer
3 Interaktionen
Laut Forschenden