Brokstedt: Falscher Ausweis in Bamf-Akte des Tatverdächtigen

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Deutschland,

Ein Ausweis, der eigentlich in die Akte eines anderen Antragstellers gehört. Eine Behörde, die nicht weiss, was die andere tut. Die Liste der Versäumnisse im Fall Brokstedt ist lang.

Bei einer Messerattacke in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg waren in Brokstedt zwei junge Menschen getötet und fünf verletzt worden.
Bei einer Messerattacke in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg waren in Brokstedt zwei junge Menschen getötet und fünf verletzt worden. - Marcus Brandt/dpa

Im Umgang der Behörden mit dem mutmasslichen Messerangreifer von Brokstedt ist wohl noch mehr schiefgelaufen als bislang bekannt.

Darüber berichteten mehrere Teilnehmer einer nicht-öffentlichen Sitzung des Innenausschusses des Bundestags am Mittwoch übereinstimmend. Demnach habe der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium Mahmut Özdemir (SPD) gesagt, in die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) angelegte Akte zu Ibrahim A. sei fälschlicherweise ein Ausweis aus Syrien von einer anderen Person gelangt. Daher sei das Bamf zwischenzeitlich davon ausgegangen, dass der Mann ein staatenloser Palästinenser aus Syrien sei.

Ein Bamf-Abteilungsleiter hatte zuvor im Innenausschuss des Landtages von Schleswig-Holstein erklärt, Ibrahim A. selbst habe nach seiner Einreise 2014 gesagt, er stamme aus dem Gazastreifen und sei staatenlos.

Er soll am 25. Januar in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg mit einem Messer auf andere Fahrgäste eingestochen haben. Zwei junge Menschen starben, fünf weitere wurden teils schwer verletzt. Knapp eine Woche zuvor war der 33-Jährige aus der U-Haft in Hamburg entlassen worden.

Erst falsch, dann korrekt zugeordnet

Das Bamf teilte am Mittwoch auf Anfrage mit: «Eine syrische ID-Karte war dem Verfahren zunächst fälschlicherweise zugeordnet, ist danach aber wieder der korrekten Person zugeordnet worden.» Unabhängig davon hätte im Jahr 2016 aufgrund der dargestellten Fluchtgeschichte – Verfolgung durch die Hamas – ein Schutzstatus erteilt werden müssen. Im Ausschuss wurde allerdings auch darüber gesprochen, dass dem Bamf, als die Entscheidung über Schutz für Ibrahim A. fiel, nicht bekannt gewesen war, dass der Antragsteller in Nordrhein-Westfalen, wo er zunächst lebte, schon mit dem Gesetz in Konflikt geraten war.

Die Behörden in Hamburg und Schleswig-Holstein schieben sich in Bezug auf den Umgang mit dem mutmasslichen Täter gegenseitig die Verantwortung zu. Dabei geht es unter anderem um die Frage, warum das Verfahren des Bamf zur Rücknahme des sogenannten subsidiären Schutzstatus für den Palästinenser nicht zu Ende gebracht worden war. Rückführungen in die Palästinensergebiete sind nach Auskunft des Bundesinnenministeriums grundsätzlich möglich, aber sehr schwierig. Der Gazastreifen hat keinen internationalen Flughafen. 2018 war – mit erheblichem Aufwand – ein Palästinenser aus Deutschland via Jordanien ins Westjordanland abgeschoben worden.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte den Ländern am Montag vorgeschlagen, dass künftig die Strafverfolgungsbehörden die Ausländerbehörden «umgehend darüber informieren, wenn die betroffene Person inhaftiert wird und wo sie inhaftiert wurde sowie wenn die betroffene Person aus der Haft entlassen wird und welche Entlassungsanschrift angegeben wurde». Im aktuellen Fall hätte das die Probleme aber nicht gelöst, sagte die Innenpolitikerin Clara Bünger (Linke). Das Problem sei hier nicht die Rechtslage, sondern «Behördenversagen».

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