Ausländische Journalisten dürfen nicht mehr bei den Protesten unmittelbar dabei sein. Hat das Einfluss auf das Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten?
Belarus
Die Proteste in Belarus dauern seit der Wahl an. Nun verhängt auch die Schweiz Sanktionen gegen Alexander Lukaschenko. - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Für Sonntagnachmittag sind in Belarus neue Proteste geplant.
  • Die Opposition will dabei für die Freilassung aller politischen Gefangenen demonstrieren.
  • In Belarus sitzen mehrere prominente Oppositionelle in Haft.

Die Opposition in Belarus (Weissrussland) hat im Kampf gegen Staatschef Alexander Lukaschenko für heute zu neuen Protesten aufgerufen. Dabei sollen die Menschen im ganzen Land ab 13.00 Uhr MESZ für die Freilassung aller politischen Gefangenen demonstrieren. Die Proteste an den Sonntagen haben traditionell den grössten Zulauf. Vor einer Woche hatten sich rund 100'000 Menschen beteiligt. Mehr als 350 von ihnen waren dabei festgenommen worden.

Die Demonstranten sind aufgerufen, Porträts von politischen Gefangenen mitzubringen und vor Untersuchungsgefängnisse zu ziehen. In Belarus sitzen mehrere prominente Oppositionelle in Haft, darunter Maria Kolesnikowa. Ihr drohen im Falle einer Verurteilung bis zu fünf Jahre Gefängnis. Bereits im Wahlkampf hatte der autoritäre Präsident seine Gegner wegsperren lassen – etwa den Ex-Bankenchef Viktor Babariko, der für das Präsidentenamt kandidieren wollte.

Ausländischen Journalisten wurde die Akkreditierung entzogen

Es ist das mittlerweile achte Wochenende in Folge mit grossen Protesten gegen Lukaschenko. Unklar war, ob die Sicherheitskräfte diesmal massiver gegen Demonstranten vorgehen als zuvor. Belarus hatte allen ausländischen Journalisten ihre Akkreditierungen entzogen. Das erschwert die Berichterstattung über die Proteste.

Kritik daran kam aus Deutschland. «Wer so handelt, möchte bei seinem Vorgehen unbeobachtet bleiben», teilte das Auswärtige Amt in Berlin am Samstagabend mit. Eine unabhängige Berichterstattung werde massiv eingeschränkt. «Dieser alarmierende Schritt zeigt aus unserer Sicht erneut, dass Herr Lukaschenko offensichtlich nicht mehr die Interessen seines Volkes und seines Landes vertritt.»

Belarus Präsident Lukaschenko - Amtseinführung
Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus, nimmt an der Zeremonie zu seiner Amtseinführung Palast der Unabhängigkeit teil. - dpa

Die Menschen fordern bei ihren Protesten Lukaschenkos Rücktritt, die Freilassung aller politischen Gefangenen und faire und freie Neuwahlen. Der 66 Jahre alte Präsident hatte sich bei der Wahl Anfang August mit 80,1 Prozent der Stimmen im Amt bestätigen lassen. Er liess sich Ende September ohne Vorankündigung zum sechsten Mal im Amt vereidigen. Die Opposition sieht dagegen Swetlana Tichanowskaja als wahre Siegerin. Sie war ins EU-Land Litauen geflüchtet.

Merh als 10'000 Festnahmen bisher

Bereits am Samstag beteiligten sich viele Frauen an Protesten. Sie zogen etwa in Minsk in kleinen Gruppen durch die Hauptstadt. Mit dieser neuen Strategie wollten sie massenhafte Festnahmen verhindern. In den Wochen zuvor waren viele Demonstrantinnen in Polizeigewahrsam gekommen, als sie sich in grossen Gruppen an Protesten beteiligt hatten. Am Samstag gab es vereinzelt Festnahmen. In der Stadt Soligorsk südlich von Minsk wurden Medienberichten zufolge mehr als 20 Menschen festgenommen.

Die Proteste dauern seit der Wahl an. Sie sind die grössten in der Geschichte der Ex-Sowjetrepublik. Mehrere Menschen starben, es gab Hunderte Verletzte und mehr als 10'000 Festnahmen.

Proteste in Belarus
Demonstranten nehmen am 29. September mit historischen Flaggen von Belarus an einem Protest gegen die belarussischen Wahlergebnisse teil. - dpa

Die EU verhängte inzwischen Sanktionen gegen Dutzende Spitzenbeamte in Minsk. Ihnen wird eine Beteiligung an Fälschungen der Präsidentenwahl am 9. August oder der gewaltsamen Niederschlagung friedlicher Proteste vorgeworfen. Die Strafmassnahmen wie Einreisesperren und Vermögenssperren traten am Freitag nach wochenlanger Diskussion in Kraft. Belarus verhängte seinerseits ebenfalls Einreiseverbote für einige EU-Vertreter.

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